Skeptikerinnen und Skeptiker fühlten sich bestärkt: Nach nur einem Jahr soll es einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus geben, der alle Prüfverfahren durchlaufen hat? Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen, meinten viele von ihnen. Dass die den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna zugrundeliegende mRNA-Technologie schon lange Gegenstand der Forschung war, wurde in vielen Stellungnahmen verschwiegen.

Edda Grabar, Ulrich Bahnsen,"Das Ende aller Leiden". 20,60 Euro / 272 Seiten. Quadriga, Köln 2022
Cover: Quadriga

Diese wichtige Vorgeschichte war auch medial nicht so präsent, wie es vielleicht nötig gewesen wäre, um mehr Menschen von der Qualität und der Sicherheit der mRNA-Technologie zu überzeugen. Der Bauplan des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 wird in einer ungefährlichen Form injiziert, sodass der Körper lernt, wogegen er sich richten sollte.

Information über die Vorgeschichte

Die Information über die Vorgeschichte kann man nun einer Reihe von Büchern entnehmen, die die Erforschung und rasante Umsetzung der ersten Corona-Impfstoffe aufarbeiten. Eines der aktuellsten geht einen Schritt weiter und beschreibt, welche Potenziale RNA-Therapien haben: "Das Ende aller Leiden" von Edda Grabar und Ulrich Bahnsen schlägt einen Bogen von den Anfängen der ungarischen Biochemikerin Katalin Karikó und des deutschen Biologen und Curevac-Gründers Ingmar Hoerr, die beide wichtige Grundlagen der Technologie entdeckt haben, über die Krisen und Erfolge der Biontech-Gründer Uğur Şahin und Özlem Türeci bis hin zu Therapie-Ideen gegen Krebs.

Bösartige Tumoren waren eigentlich das erste Behandlungsziel der Forscher und Forscherinnen, ehe sie sich quasi über Nacht dem Ziel widmeten, einen Impfstoff gegen Covid zu entwickeln. Diese zentrale Aufklärungsarbeit erfüllt das Autorenduo im ersten Teil des Buchs. Grabar und Bahnsen versuchen mit offenkundiger Sympathie für die Akteure, gut lesbare Geschichten zu erzählen, die die Niederlagen nicht aussparen, aber den Heureka-Moment – "Es funktioniert ja doch" – umso mehr feiern.

Umfassendes Forschungsgebiet

Dass dabei die Sprache ins Romantisch-Verklärende kippt, mag man ihnen nachsehen. Im Verbund mit dem recht viel Hoffnung machenden Buchtitel könnte das bei skeptischen Lesern und Leserinnen den Zweifel eher wachsen als schrumpfen lassen.

Verspricht man also mehr, als die Wissenschaft halten kann? Wer das Buch im Detail liest, wird sehen, dass das Autorenduo Möglichkeiten aufzeigt, die eintreten können, sie gehen aber natürlich von keinen sicheren Entwicklungen aus: RNA-Therapien gegen Herzschwäche, Alzheimer, Parkinson, Malaria, RNA-Therapien gegen genetisch verursachte Cholesterin-Probleme.

Grabar und Bahnsen beschreiben, wie umfassend das Forschungsgebiet mittlerweile ist. Das am Ende der langen Reise eine Welt ohne Leiden steht, vermitteln auch sie nicht wirklich. Ein wenig mehr sprachliche Bodenhaftung und ein Sachregister, um besser nachschlagen zu können, hätten dem Buch gutgetan. (Peter Illetschko, 7.6.2022)