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In der Bundesliga wurde Frankfurt nur Elfter, in der Europa League strebt Trainer Oliver Glasner den ersten Platz an.

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Gute Stimmung im Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán.

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EL-Finale im Ticker: Eintracht Frankfurt vs. Glasgow Rangers, Mi. 21 Uhr

Oliver Glasner ruht in sich. Der 47-jährige Oberösterreicher scherzt im Training mit seinen Spielern, streitet ab, vor "dem größten Spiel der Karriere" hektisch zu sein. Okay, die "Glückshose" sei noch in der Reinigung. Entwarnung: Sie ist rechtzeitig sauber geworden, auf Frankfurter Putzereien war immer schon Verlass. Die Hose flog mit nach Sevilla. Eintracht Frankfurt bestreitet dort am Mittwoch das Finale der Europa League gegen die Glasgow Rangers (21 Uhr, live Servus TV, RTL).

Glasner ist der sechste österreichische Trainer, der ein europäisches Fußballfinale schmückt. Seine Vorgänger waren Ernst Happel, Max Merkel (1860 München), Hermann Stessl (Austria), Ernst Dokupil (Rapid). Und auch Bela Guttmann sollte man dazuzählen, der gebürtige Ungar erhielt 1956 die Staatsbürgerschaft. Happel und Guttmann gewannen je zweimal den Meistercup, mit Feyenoord Rotterdam und dem Hamburger SV beziehungsweise mit Benfica Lissabon.

Der 4. August 2011 hat Glasner nachhaltig geprägt. An diesem Tag retteten Ärzte einer Kopenhagener Spezialklinik dem damaligen Kapitän der SV Ried das Leben. Nach Kopfballübungen im Abschlusstraining vor dem Europa-League-Qualifikationsspiel gegen Bröndby hatte der Verteidiger über Schwindelgefühle und Kopfschmerzen geklagt. Ein Subduralhämatom zwischen Hirn und Hirnhaut wurde diagnostiziert, erforderte eine Not-OP. Vier Tage zuvor hatte er gegen Rapid eine leichte Gehirnerschütterung erlitten. "Ich gehe davon aus, dass mir die Kopfbälle im Training das Leben gerettet haben. Ohne sie wäre die Blutung nicht entdeckt worden", sagt Glasner. Auf Anraten der Ärzte beendete der damals 36-Jährige nach mehr als 550 Partien für Ried seine aktive Karriere. "Ich fiel in kein Loch, wurde gelassener."

Ein Nobody

Der studierte Betriebswirt heuerte 2012 als Assistent von Roger Schmidt bei Red Bull Salzburg an, das Erlernte setzte er 2014 bei Ried als Chef um. Von 2015 bis 2019 formte er den LASK zu einer echten Hausnummer. Der VfL Wolfsburg verpflichtete Glasner, deutsche Medien bezeichneten ihn als "Nobody". In der zweiten Saison qualifizierten sich die Wölfe für die Champions League, das Gegenteil von nichts. Bei der Eintracht war Adi Hütter derart erfolgreich, dass er um rund sieben Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach freigekauft wurdet. Als Ersatz holten die Hessen Glasner. Hütter ist schon Vergangenheit, Glasner Gegenwart und Zukunft. Sein Vertrag läuft bis 2024.

Er gilt als Perfektionist. Glasner schätzt situatives Pressing, Umschaltmomente, Akribie in der Defensive. In einem Gespräch mit dem STANDARD beschrieb er sich so: "Ich bin bodenständig, demütig. Ich bin zufrieden mit dem Leben, das ich führen kann. Da geht es nicht nur um Fußball. Ich habe eine super Familie, alle sind gesund, ich habe einen Freundeskreis, der nicht von sportlichen Erfolgen abhängig ist."

Bester Lehrer

Sein Motto lautet: "Ich sage den Spielern immer wieder: Wenn es dir schlecht geht, lass es dir gutgehen. Von Grabesstimmung in der Kabine halte ich gar nichts. Carpe diem! Ich führe keinen Monolog, und die Spieler schlafen in der letzten Reihe ein. Die besten Lehrer sind nicht die, die am meisten wissen, sondern die, die ihr Wissen den Schülern am besten vermitteln und sie begeistern."

In Frankfurt startete Glasner desaströs. Out im Cup gegen den Drittligisten Waldhof Mannheim, das Warten auf einen Sieg dauerte satte neun Partien. Es war ein 2:1 gegen Bayern München. Die Vereinsbosse sprachen dem Trainer gebetsmühlenartig das Vertrauen aus, nicht selten ist das der Anfang vom Ende. In dem Fall war es nur der Anfang. "Der einfachste Weg bei Rückschlägen ist, etwas anders zu machen. Wir sind zusammengerückt." Im Viertelfinale wurde Barcelona eliminiert, im Halbfinale West Ham.

"Er versucht, die Mannschaft träumen zu lassen", sagt Kapitän Sebastian Rode über Glasner. Vor 42 Jahren hat Frankfurt den Uefa-Cup gewonnen. Glasner will Sevilla "genießen". Seine Landsleute können keinen Beitrag leisten, Martin Hinteregger ist verletzt, Stefan Ilsanker gehört nicht dem Kader an. "Ich will vielen Leuten eine Freude bereiten", sagt Glückshosenträger Glasner. (Christian Hackl, 18.5.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zum Finale der Fußball-Europa-League am Mittwoch:

Eintracht Frankfurt – Rangers Football Club (Sevilla, Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán, 21.00 Uhr/live Sky, ServusTV, SR Vincic/SLO)

Frankfurt: Trapp – Touré, Tuta, Ndicka – Knauff, Sow, Rode, Kostic – Hauge, Kamada – Borré

Ersatz: Grahl – Lenz, Chandler, Hasebe, Jakic, Hrustic, Ache, Paciencia, Lammers

Es fehlen: Hinteregger (Oberschenkel muskulär), Da Costa (Schambein), Ilsanker (nicht spielberechtigt)

Fraglich: Lindström (Oberschenkel)

Glasgow Rangers: McGregor – Goldson, Lundstram, Bassey – Tavernier, Jack, Kamara, Barisic – Kent, Wright – Aribo

Ersatz: McCrorie – McLaughlin, Balogun, Sands, King, Arfield, Davis, Ramsey, Lowry, Diallo, Sakala

Es fehlen: Helander (Fuß), Morelos (Oberschenkel), Hagi (nicht spielberechtigt)

Fraglich: Roofe (angeschlagen)