Rendi-Wagner traf Scholz zum zweiten Mal binnen weniger Monate.

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Deutsche Sozialdemokraten zu treffen gehört für eine SPÖ-Chefin zu den angenehmen politischen Begegnungen – erst recht, wenn die Gastgeber eine Bundesregierung anführen. Das ist ja auch Rendi-Wagners Ziel in Österreich. Daher war sie nun binnen drei Monaten gleich zwei Mal in Berlin. Beim ersten Mal, wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, ging es noch um Tipps führender deutscher Roten für einen Wahlsieg.

Nun reiste die SPÖ-Chefin noch einmal an, um mit Kanzler Olaf Scholz zu sprechen. Dieses erste Treffen mit ihm als Regierungschef in der deutschen Hauptstadt war natürlich vom Thema Nummer Eins, dem Krieg, überlagert. "Uns eint die hohe Abhängigkeit von fossiler Energie", sagte Rendi-Wagner nach dem Treffen mit Scholz im Willy-Brandt-Haus.

"Katar alleine wird nicht die Lösung sein"

Deutschland jedoch habe "größere Möglichkeiten auf LNG umzusteigen". Derzeit gibt es in Deutschland noch keine Speicher für verflüssigtes Erdgas, die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP aber treibt den Bau solcher Anlagen im niedersächsischen Stade und in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) voran. "Deutschland hat im Gegensatz zu Österreich konkrete Pläne", lobt Rendi-Wagner und erhebt zugleich eine Forderung: "Man könnte sich an den geplanten LNG-Anlagen in Deutschland beteiligen. Es wäre vernünftig, wenn Österreich rasch Gespräche aufnimmt. Katar alleine wird nicht die Lösung sein", erklärte Rendi-Wagner in Anspielung an die Reise von Bundeskanzler Karl Nehammer nach Katar.

Deutschland, so Rendi-Wagner kalkuliere auch die Beteiligung anderer Länder an seinen LNG-Terminals ein. Dabei könnte in Österreich der ÖBAG "eine tragende Rolle" zukommen, "es kann aber auch die OMV machen". Lob gab es von der Besucherin aus Wien auch für den "Klima-Transformationsfonds", der mit 60 Milliarden Euro ausgestattet wird: "Das wäre ein gutes Modell auch für Österreich."

Neutralität werde "keinem Trend geopfert"

Rendi-Wagner informierte Scholz auch über die Position der österreichischen Sozialdemokraten in puncto Neutralität, nämlich dass "die Neutralität keinem Trend geopfert" werden dürfe. Dies sei für Scholz "absolut nachvollziehbar". Die beiden besprachen zudem eine verstärkte "dritte Säule" bei den Bemühungen, den Krieg zu beenden. Scholz, so Rendi-Wagner, setze nebst Waffenlieferungen für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland auf "starke diplomatische Bemühungen", er wolle "verstärkt" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin das Gespräch suchen. Rendi-Wagner: "Ich begrüße diese Initiative außerordentlich". Details, wie diese aussehen sollte, gab sie allerdings nicht bekannt. Ziel müsse aber sein, Putin und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi "an einen Tisch zu bekommen". Deutschland habe hier "eine führende Rolle" einzunehmen.

Rendi-Wagner traf in Berlin auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Diese will im Sommer nach Wien kommen, um sich dort Tipps für den sozialen Wohnungsbau zu holen. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.5.2022)