Die Causa Karmasin zieht auch im Sportministerium ihre Kreise.

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Das Vertrauen Werner Koglers in führende Mitarbeiter der Fachsektion Sport in seinem Ministerium ist gestört. Diesen Schluss muss ziehen, wer sich den "Revisionsbericht zu Studien-Vergabe an Karmasin Research & Identity GmbH" und die ebenfalls auf der Ministeriumsseite veröffentlichten "Konsequenzen" aus dem Bericht zu Gemüte führt.

Angebote im Fokus

Nur kurz zur Erinnerung: Noch unter Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte das Ministerium die frühere Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin eingeladen, ein Angebot für eine "Motivanalyse Bewegung und Sport" zu legen, nach dem Ibiza-Video und der Regierungsauflösung wurde die Einladung unter Strache-Nachfolger Eduard Müller erneuert, und der Auftrag wurde an Karmasin vergeben. Sie lieferte 67 Seiten ab und erhielt dafür 63.300 Euro. Unter Sportminister Kogler (Grüne) erfolgte dann der Auftrag für eine Studie "Frauen im Vereinssport" (44 Seiten, 26-seitiger Folder, 76.668 Euro). Da der Preis noch fünfstellig war, hatte sich das Sportministerium die Ausschreibungen erspart – wenn schon sonst nicht viel.

Vor der Vergabe waren allerdings laut interner Richtlinie drei Angebote einzuholen. Doch es war Karmasin selbst, die der Fachsektion Sport ihre zwei "Mitbewerberinnen" vorschlug. Mit ihnen, so lautet der Vorwurf der ermittelnden WKStA, und so geht es auch aus Einvernahmeprotokollen hervor, traf sie Absprachen, was ihr den Preis zu bestimmen ermöglichte. Eine der beiden, Sabine Beinschab, sagte etwa aus, Karmasin habe sie "ersucht, ein Scheinangebot zu legen".

Ob Karmasins mutmaßliche Herangehensweise führenden Kräften im Ministerium bekannt oder bewusst war, ist eine der Fragen, denen die WKStA nachgeht. Die mit der Revision befasste Stelle, die Präsidialsektion unter Eva Wildfellner, Generalsekretärin des Ministeriums, kann es nicht ausschließen. Sie hält fest: "Mögliche Preisabsprachen waren weder dem Kabinett noch – nach derzeitigem Wissensstand – der Fachsektion bekannt." Nach, noch einmal, "derzeitigem Wissensstand".

War das notwendig?

Eine dritte Einladung des Sportministeriums an Karmasin, nämlich zwecks Erhebungen zum Thema "Kinder im Vereinssport", erfolgte erst im Sommer 2021, also ebenfalls unter Kogler. Sie wurde aber zurückgezogen, nachdem die diesmal schon eingebundene Präsidialsektion die Notwendigkeit der Studie hinterfragt hatte.

Nach der Revision wird nun seitens des Ministeriums festgehalten: "Sollten laufende Ermittlungen einen weiteren Erkenntnisgewinn bringen, der über den Sonderbericht der internen Revision hinausgeht, wird der Vizekanzler weitere Maßnahmen setzen."

Maßnahmen hat Kogler nämlich sehr wohl schon gesetzt. Dazu reichte ihm der Nachweis, dass jedenfalls "gegen interne Vorgaben zur Auftragsvergabe und zum Genehmigungsverfahren des Ministeriums verstoßen wurde".

So werden Führungskräfte der Sektion Sport erstens zur Teilnahme an Schulungen (Vergaberecht, interne Verwaltung, Compliance) verpflichtet. Zweitens wird die Sektion Sport künftig verstärkt durch die Präsidialsektion kontrolliert, die Aufträge an Externe prüfen und genehmigen muss. Und drittens steht nun schwarz auf weiß, dass "Alternativangebote stets von unterschiedlichen Anbieter:innen und nicht auf Empfehlung anderer Anbieter:innen eingeholt werden müssen". Das müsste, möchte man meinen, eine Selbstverständlichkeit sein – doch im Sportministerium war es genau das eben nicht. (Fritz Neumann, 19.5.2022)