EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will viel Geld in Erneuerbare Energien wie Windparks investieren – aber auch in fossile.

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Der Ukraine-Krieg markiert nicht nur geostrategisch eine Zeitenwende, sondern auch energiepolitisch. Noch vergangenen Sommer präsentierte die EU-Kommission ihr ehrgeiziges Maßnahmenpaket "Fit for 55". Der Name rührt daher, dass die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden sollen. Fit for 55 sieht zu diesem Zweck etwa das Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 und eine Ausweitung des EU-Emissionshandels – eine Art von CO2-Abgabe, die derzeit nur für große Industriebetriebe und Stromerzeuger gilt – auf die Bereiche Gebäude und Verkehr ab 2025 vor.

Doch seit Russland die Ukraine überfallen hat, ist alles anders. Nun gibt es ein neues übergeordnetes Ziel: weniger Abhängigkeit von Russland. "Wir müssen Europas Resilienz stärken", sagt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Wenn dabei auch der Klimaschutz profitiert, umso besser. Falls nicht, muss das in Kauf genommen werden.

Ein Windpark soll in einem Jahr genehmigt sein

In diesem Sinne präsentierte die Kommission am Mittwoch ihren Plan "Repower EU". Es sind unterschiedliche Maßnahmen, mit denen die EU eine Antwort auf die Herausforderungen der Ukraine-Krise geben will. Vorgesehen sind etwa die Einführung einer EU-weiten Pflicht, Solardächer zu installieren, und schnellere Zulassungsverfahren im Bereich erneuerbare Energien: Die behördliche Genehmigung eines Windparks soll nicht mehr bis zu neun Jahre dauern, sondern (an ausgewählten Orten) nur ein Jahr.

Aber auch in fossile Energien wird investiert. So regelt das Paket Investitionen in neue Öl- und Gasleitungen und den gemeinschaftlichen Kauf von Energie aus anderen Ländern als Russland. Für alles zusammen sollen bis 2030 bis zu 300 Milliarden Euro fließen – zusätzlich zu den Mitteln, die bereits im Rahmen von Fit for 55 für die Erreichung der Klimaziele vorgesehen sind.

Kompromisse bei historischem Klimaschutzpaket

Bei ebendiesem Fit for 55 zeigen sich unterdessen erste Abweichungen von den großen Ankündigungen des vergangenen Sommers. Gerade werden zwischen EU-Kommission, -Parlament und -Regierungen Details ausverhandelt. Die geplante Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr schaffte es am Dienstag nur in verwässerter Form durch den Umweltausschuss des EU-Parlaments. Konkret einigte man sich, Gebäude und Verkehr vorerst nicht zur Gänze dem Emissionshandel zu unterwerfen, sondern nur Gewerbegebäude und kommerzieller Verkehr. Die Privaten sollen erst im fernen Jahr 2029 folgen. (Joseph Gepp, 19.5.2022)