Durch gezieltes Fragen wird bei einer Supervision zum Nachdenken über das eigene Handeln angeregt.

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Im Bereich der sozialen Arbeit und im Gesundheitsbereich ist regelmäßige Supervision bereits seit Jahrzehnten fest verankert, in anderen Wirtschaftszweigen wird dieses Werkzeug noch selten eingesetzt. Dabei könnten auch dort Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermaßen davon profitieren, sagt Christine Seemann, im Vorstand der Österreichischen Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS).

"Im Gegensatz zu Coaching, dass dann zum Einsatz kommt, wenn Probleme auftreten, ist Supervision ein Instrument der begleitenden Teamentwicklung und bietet Raum für Reflexion", sagt Seemann. Der Schwerpunkt der Supervision sei das Nachdenken über die eigenen Handlungen. Mit gezielten Fragen öffnet der Supervisors mit seinem Blick von außen diese Reflexionsräume, "Warum machen Sie das? ", sei für Seemann eine dieser Fragen. Dann beginne die Arbeit im Kopf.

Anders als beim Coaching, das lösungsorientiert ist, werde bei der Supervision nicht mit Handlungsanweisungen gearbeitet, der Supervisor gebe auch keine Lösungen vor. "Die Grenzen sind aber fließend. Denn wenn der Supervisor sagt, warum machen Sie das nicht so oder so, steckt beides drin." Viele Supervisorinnen und Supervisoren haben aber ohnehin auch eine Coachingausbildung.

Supervision werde sowohl als Einzelsitzung, für Teams eines Unternehmens oder für Gruppen wie beispielsweise Lehrkräfte von verschiedenen Schulen durchgeführt. "Unternehmen sind zum Teil schon offen dafür, bieten Supervision für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, um bestimmte Vorfälle aufzuarbeiten. Genannt wird dieses Angebot aber in den meisten Fällen Coaching, obwohl es eigentlich der Supervision dient", ergänzt. Unter Coaching könne man sich leichter etwas vorstellen. Da helfe sicherlich die Analogie zum Sport.

Fragen stellen

Eine Supervision sei auch für den Supervisor anstrengend, da man nie wisse, welche Themen die Teilnehmenden gerade beschäftigen, und man als Supervisor immer neue Fragen stellen müsse. Blöde Fragen gebe es dabei nicht. "Manchmal fehlt aber der Blick von Männern", denn die Supervision sei stark weiblich dominiert. Und sie kommt in Branchen zum Einsatz, die wiederum stark in Frauenhand sind. Und genauso, wie mehr Frauen Männer coachen sollten, wären umgekehrt in der Supervision mehr Männer wünschenswert. Aus ihrer Erfahrung weiß Seemann, dass männliche Teilnehmer einer Supervisorin gegenüber eher bereit sind, sogenannte weichere Themen anzusprechen. "Aber beide Blickwinkel können in der Supervision hilfreich sein."

Aber genauso wie Coaching ist auch Supervision kein geschützter Beruf. Um als Supervisor arbeiten zu können, gibt es keine formalen Bildungsvorgaben. "Wer sich für eine Supervision interessiere, solle sich unbedingt anschauen, welche Ausbildung der Supervisor absolviert hat", lautet der Rat der Expertin. Eine Mitgliedschaft beim ÖVS sei ein weiteres Qualitätskriterium, denn die Bundesvereinigung habe sehr strenge Aufnahmekriterien, ergänzt sie. "Als geschützter Beruf anerkannt zu werden wäre auch für die Supervision wünschenswert, die Widerstände derzeit sind aber noch sehr groß." (Gudrun Ostermann, 19.5.2022)