Drei Konzerne kontrollieren mehr als die Hälfte des Weltmarktes für Kakao – und damit auch die Preise.

Foto: APA

Wien – Rund 485 Millionen Euro gaben die Österreicher 2021 für fair gehandelte Lebensmittel aus. Das ist um ein knappes Viertel mehr als 2020. Nicht steigende Preise trieben den Umsatz nach oben, sondern die Bereitschaft, sich nachhaltigere Lieferketten etwas kosten zu lassen, sagt Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich. Dass Konsumenten statt zum Wirt zu gehen vermehrt im Lebensmittelhandel kauften, stärkte seinen Markt zusätzlich.

In der Gastronomie gibt es, was Bio, fairen Handel und Herkunftsbezeichnung betrifft, nach wie vor viel Luft nach oben. Obliegt Konsumenten die Wahl der Lebensmittel selbst, ist die Hürde, zu nicht nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu greifen, offenbar deutlich größer.

Kirner glaubt nicht, dass die hohe Inflation den Boom des fairen Handels bremst. Im Schnitt liegt der Anteil des Haushaltseinkommens, der für Ernährung ausgegeben wird, bei elf Prozent. Zum Vergleich: Der private Verkehr verschlingt sieben Prozent, in Gastronomie und Urlaub fließen jeweils sechs Prozent.

Was viele Menschen mehr belaste als der Lebensmitteleinkauf, seien gestiegene Kosten für Gas, Strom und Sprit. Wirtschaftlich schlechtergestellten Haushalten gehöre daher mit sozialen Transferleistungen und Energiekostenzuschüssen unter die Arme gegriffen. Für weniger effizient hält der Handelsexperte geringere Mehrwertsteuern auf Nahrungsmittel. Denn damit ersparten sich auch jene Geld, die es finanziell nicht wirklich nötig hätten.

Um ein Drittel zugelegt hat in Österreich der Absatz von fair gehandeltem Kakao. Auch bei Bananen gewann Fairtrade an Boden. Der Umsatz mit Rosen wuchs ebenso wie jener mit Zucker und Orangensaft.

Probleme in den Lieferketten und daraus resultierende Engpässe sieht Kirner nicht. Die rasante Teuerung treffe aber auch auch Kleinbauern in Afrika, Lateinamerika und Asien. Die Kosten für Dünger, Verpackungsmaterial und Logistik stiegen massiv. Die Transportkosten für Bananen hätten sich nahezu verdoppelt. Scharfe Kritik übt der Fairtrade-Chef einmal mehr am Gebaren der internationalen Kakaoindustrie.

Dunkle Seite des Kakaos

Drei Konzerne kontrollieren hier mehr als die Hälfte des Weltmarktes und damit auch die Preise, was Kirner an einen Flaschenhals erinnert. Die Industrie verspreche seit Jahren, Kinderarbeit und Armut in den Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana zu bekämpfen. Stattdessen würden von der Regierung festgelegte existenzsichernde Einkommen ausgehebelt. "Die Kakaobauern brauchen höhere Preise."

In Österreich sorgen Schokolade und Süßwaren für mehr als die Hälfte des Fairtrade-Umsatzes. Manner, Ölz und Berglandmilch stellten gewichtige Teile ihres Sortiments auf fairen Handel um. Jüngst stieß Nöm mit Kakaomilch als Partner hinzu.

Mittlerweile greift jeder zweite Konsument regelmäßig zu Lebensmitteln mit dem Fairtrade-Logo. Österreich liegt mit einem geschätzten Pro-Kopf-Konsum von Fairtrade-Produkten pro Jahr von 55 Euro weltweit auf Platz zwei, nur in der Schweiz ist der Verbrauch mit umgerechnet 103 Euro höher. In Summe flossen im Vorjahr aus Österreich knapp 70 Millionen Dollar an Direkteinnahmen an Produzentenorganisationen. (Verena Kainrath, 20.5.2022)