Hubertus Zorell und Verena Vondrak arbeiten als Clowns und leiten das Theater Olé, wo kommende Woche das Internationale Clown Festival stattfinden wird. Zu Hause sind die beiden in einem Wiener Gemeindebau.

"Wir waren ganz aufgeregt. Ein Wohngespräch! Der Blutzuckerspiegel ist gestiegen, das Adrenalin war ganz hoch oben, also haben wir geputzt und aufgeräumt und uns dafür auch noch externe Hilfe geholt. Jetzt ist die Wohnung fotografier- und dokumentierbar. Schaut sonst anders aus! In der Regel liegen überall Zeitungen, Hanteln zum Trainieren und diverses Krimskrams. Die ganzen Clownerie-Utensilien findet man bei uns nicht, die sind drüben im Theater. Auch Clowns wollen mal eine Pause von sich selbst und nicht immer nur inmitten von Quietscherln und Furzkissen ihr Dasein fristen.

"Kompakte Reviere für jeden": Hubertus Zorell und Verena Vondrak in ihrer Gemeindewohnung.
Foto: Lisi Specht

Das ist eine Gemeindewohnung mit 93 Quadratmetern, ganz in der Nähe vom Rochusmarkt im 3. Bezirk. Eingezogen sind wir vor 25 Jahren. Wir sind eine ziemliche Patchworkfamilie – mit zwei Kindern aus einer anderen Ehe, zwei gemeinsamen Kindern und einem Pflegesohn aus Afghanistan. Daher auch der Teppich hinter uns an der Wand. Unglaublich, wie viele Menschen – wenn man den Raum gut nutzt und die Reviere geschickt absteckt – in so einer Wohnung gut miteinander leben können. Schlafcouch im Wohnzimmer, kleine Zimmer für die Kinder, kompakte Reviere für jeden, das geht sich schon aus!

Wobei wir zwei aus ganz unterschiedlichen Hintergründen kommen. Die eine ist ein Gemeindebaukind aus dem 15. Bezirk, in einer 45-Quadratmeter-Wohnung aufgewachsen, der andere ist ein Bub vom Land mit Kindheit auf einem Bauernhof auf der deutschen Bodensee-Seite. Das sind schon ziemliche Kontraste. Aber irgendwie findet hier alles zusammen. Keine Ahnung, ob wir in einer typischen Gemeindebauwohnung sind, wahrscheinlich nicht. Manche sagen, das sei eine Hippie-Wohnung. Das finden wir dann auch wieder nicht. Einfach ein wildes Sammelsurium.

Die Möbel in der Gemeindewohnung der Patchwork-Familie von Verena Vondrak und Hubertus Zorell sind "von überallher, zusammengetragen und zufällig zugeflogen im Lauf der Jahrzehnte".
Fotos: Lisi Specht

Das Haus wurde 1978 errichtet, hat einen untypischen Laubengang mit vielen bunten Platten als Geländer, und es gibt oft Exkursionen von Architekturstudenten hierher, weil sie das Haus als exotisches Beispiel für sozialen Wohnbau analysieren. Früher war die Bausubstanz nicht wirklich super, viele Mieter im Haus hatten Probleme mit Schimmel, aber vor ein paar Jahren wurde das Haus thermisch saniert, jetzt funktioniert’s super. Auch die Heizkosten sind seitdem gesunken.

Die Möbel sind, wie man unschwer sieht, von überallher zusammengetragen und uns zufällig zugeflogen im Laufe der Jahrzehnte. Eine Konstante in all dieser Zeit ist dieses uralte Ledersofa aus dem Bauernhausstüble in Baden-Württemberg, genauer gesagt in Grünkraut. Ja, das heißt wirklich so! Wenn man bedenkt, dass wir noch ein kleines Landhäuschen in Grünbach am Schneeberg haben, dann malen wir uns manchmal schon des Mannes Grabstein aus! Auf der steinernen Platte, so der Plan, soll eines Tages stehen: ‚Geboren in Grünkraut, gestorben in Grünbach, das nenne ich eine Karriere!‘ Mal schauen, ob’s das wird oder nicht. Solange das Leben jedenfalls noch nicht vorbei ist, genießen wir es in vollen Zügen. Oft sagt man Clowns nach, sie seien – wenn sie nicht grad auf der Bühne stehen – eher traurige Existenzen. Das trifft auf uns nicht wirklich zu. Es ist nicht immer alles lustig im Leben, und auch wir haben miteinander zu kämpfen, aber der Traurigkeit geben wir nur so viel Platz wie unbedingt nötig. Eher ist unser Leben voller skurriler Momente. Kennengelernt haben wir uns 1990 in einem Theaterstück namens Pinocchio. Wir haben zwei Frösche gespielt, im Zuge dessen haben wir beschlossen, uns zu küssen, und ... nun ja ... da sind wir jetzt.

Fotos: Lisi Specht

Was die Zukunft betrifft, so wissen wir noch nicht, ob wir uns später mal in Grünbach niederlassen wollen oder doch in Wien bleiben. Aber davor, irgendwann 2024, werden wir für ein paar Monate mal ohnehin den fixen Wohnsitz verlassen, denn wir haben vor, zu Fuß nach Syrakus zu gehen, hinunter bis nach Sizilien. Warum? Warum nicht! Bloß das letzte Stück werden wir wohl schwimmen müssen." (PROTOKOLL: Wojciech Czaja, 23.5.2022)