Für die nächsten fünf Jahre werden die Bundesmittel für die Elementarpädagogik von bisher 142,5 Millionen Euro pro Jahr auf 200 Millionen Euro erhöht.

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Die neue 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern bringt mehr Bundesmittel für die Kindergärten. Im Zuge der Landeshauptleutekonferenz ist Freitagmittag im Bregenzer Festspielhaus die sogenannte Kindergartenmilliarde präsentiert und die 15a-Vereinbarung unterzeichnet worden. Was beeindruckend klingt, ist ein Rechenkunststück. Konkret werden für die nächsten fünf Jahre die Bundesmittel für die Elementarpädagogik von 142,5 Millionen Euro pro Jahr auf 200 Millionen erhöht.

Ausgeben sollen die Länder dieses Geld für den Ausbau des Angebots, bessere Öffnungszeiten, kleinere Gruppen, mehr Personal sowie für das Pflichtkindergartenjahr und die Sprachförderung. Im Gegenzug haben sich die Länder zu bestimmten Qualitätsstandards verpflichtet.

Voraussetzung für die Einigung war das Fallen des Kopftuchverbots in den Kindergärten, das den Ländern bisher widerstrebte. Und was auch Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) bedauerte: "Ich halte es für grundsätzlich falsch, wenn Vier- und Fünfjährige ein Kopftuch tragen. Aber wir leben in einem Rechtsstaat." Zuvor war der Verfassungsdienst in einer Stellungnahme zu dem Schluss gekommen, dass das Kopftuchverbot "nicht mit der Bundesverfassung vereinbar" sein dürfte. Außer in Salzburg und Tirol sind die Landesgesetze für ein Kopftuchverbot im Kindergarten noch in Kraft.

Die bestehende 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik wäre im August ausgelaufen. "Es war klar und wichtig, dass wir eine Folgevereinbarung brauchen", sagte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) als aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz.

Zuschuss für besseren Personalschlüssel

Für einen besseren Personalschlüssel gibt es künftig einen Zuschuss von 45.000 Euro pro Fachkraft im Jahr und 30.000 Euro pro Assistenzkraft, wenn eine Gruppe einen Schlüssel von eins zu vier bei den unter Dreijährigen und einen Schlüssel von eins zu zehn bei den über Dreijährigen erreicht. Die ursprünglich geplanten bundesweit einheitlichen Standards etwa bei Gruppengröße oder Personalschlüssel seien am Widerstand der Länder gescheitert, sagt die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann. Im Rahmen der derzeitigen Kompetenzverteilung habe man aber das Beste herausgeholt.

Auch bei den Öffnungszeiten und Schließtagen soll es Verbesserungen geben. 51 Prozent des Geldes müssen in den Ausbau eines geeigneten Angebots gesteckt werden. Österreichweit besuchen nur 55 Prozent der Kinder einen Kindergarten, der sich mit einer Vollzeitstelle der Eltern vereinbaren lässt. In Wien erfüllen 94 Prozent der Einrichtungen diese Kriterien.

Internationalen Aufholbedarf hat Österreich auch bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen, wo das Barcelona-Ziel 33 Prozent vorsieht. Ziel der Vereinbarung ist, dass die Quote pro Land und Jahr um einen Prozentpunkt wächst. Die sprachliche Frühförderung sei auch angesichts von 70.000 Flüchtlingen aus der Ukraine wichtig, sagte Familienministerin Raab.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) bezeichnete am Freitagabend in der "ZiB2" die eine Milliarde "als schöne Summe", mit der man viel bewirken könne. Bund, Länder und Gemeinden müssten an einem Strang ziehen.

ORF

Kritik von Opposition und Arbeitnehmervertretern

SPÖ und Neos kritisieren die Einigung auf die neue 15a-Vereinbarung, sprechen angesichts der Rechentricks von einer "Mogelpackung" und fordern einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung. Die FPÖ kritisiert nach wie vor die Aufhebung des Kopftuchverbots.

Arbeiterkammer und ÖGB halten ebenso wie die beiden Oppositionsparteien statt der jährlichen 200 Millionen Euro eine Milliarde Euro für nötig. Man habe die Verhandlungen nicht dazu genutzt, ein einheitliches Bundesrahmengesetz auf den Weg zu bringen, das bundesweite Mindeststandards enthält. Auch die Arbeitnehmervertretungen wollen einen Rechtsanspruch auf einen Platz ab dem ersten Geburtstag des Kindes.

Ausbildungsoffensive

Für den Bund wird nun der nächste Schritt eine Ausbildungsoffensive für die Elementarpädagogik, da immer noch sehr viele ausgebildete Pädagoginnen nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. Ein großes Augenmerk wird dabei auf den Ausbau von Kollegs für Quereinsteiger gelegt.

Neben der Elementarpädagogik diskutierten die Landeshauptleute auch Entlastungsmaßnahmen, die Abschaffung der kalten Progression und die Sicherung der Energieversorgung. Auf dem Programm standen auch leistbares Wohnen und die Abgabe für leerstehende Wohnungen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wird im kommenden Halbjahr den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz übernehmen. (Stefanie Ruep, 20.5.2022)