Gerade in Hinblick auf brutale oder verstörende Bilder sei es wichtig, die Filterfunktion der Medien ernst zu nehmen und die Bilder zu kontextualisieren, appelliert der Presserat. Hier im Bild: Ein ukrainischer Soldat vor zerbombten Häusern in Charkiw.

Foto: APA/AFP/DIMITAR DILKOFF

Auf "OÖN-TV" ausgestrahltes Bildmaterial einer verkohlten Leiche stellt nach Ansicht des Presserats keinen Verstoß gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse dar. In dem Videobeitrag "Russland-Experte: Viele russische Soldaten verstehen nicht, warum sie da sind", erschienen am 2. März auf nachrichten.at – der Online-Seite der "Oberösterreichischen Nachrichten" – wird u.a. eine kurze Sequenz gezeigt, in der mehrere Soldaten eine verbrannte Leiche wegbringen. Ein Leser erachtete das als medienethisch bedenklich und wandte sich an den Presserat.

In der anschließend eingeleiteten Verhandlung führte der Leiter von "OÖN-TV" aus, dass man Agenturmaterial der AFP verwendet habe und die kurze Sequenz mit der entstellten, verstorbenen Person bedauerlicherweise nicht entfernt habe. Man entschuldige sich für die Veröffentlichung und werde künftig sensibler vorgehen. Prinzipiell sei aber in der Redaktion schon entschieden worden, keine Abbildungen von Leichen oder ähnlich grausame Fotos zu veröffentlichen.

Bilder kontextualisieren

Der Senat 3 des Presserats hielt fest, dass es prinzipiell zulässig sei, Bildmaterial von Kriegsopfern zu zeigen. Gerade in Hinblick auf brutale bzw. verstörende Bilder sei es jedoch wichtig, die Filterfunktion der Medien ernst zu nehmen und die Bilder zu kontextualisieren. Im konkreten Fall trat ein weiterer Faktor hinzu: Das Gesicht des verstorbenen Kriegsopfers war verkohlt und daher entstellt. Der Senat berücksichtigte jedoch, dass die Leiche nur kurz zu sehen war und ging von einem Versehen der Redaktion aus.

Begrüßenswert sei, dass die heikle Stelle im Video mittlerweile von der Webseite und weiteren sozialen Kanälen des Mediums entfernt wurde. In Anbetracht all dieser Umstände sah das Selbstkontrollorgan davon ab, weitere Schritte zu setzen bzw. einen Verstoß gegen den Ehrenkodex festzustellen. (APA, 20.5.2022)