Es gibt diese Klubs, bei denen nur ausgewählte Personen zur Mitgliedschaft berechtigt sind: Alumniverbände, bestimmte Wohltätigkeitsvereine, diverse Männerbünde. Meistens spielt bei den Kriterien Geld eine Rolle, oft auch die Herkunft oder eben das Geschlecht. Diese Klubs sind exklusiv: Sie schließen aus. Dass es so schwierig ist, hineinzukommen, macht sie attraktiv. Österreichs rechte Parteien behandeln die Staatsbürgerschaft wie einen solchen Klub. Sie zeigen damit, dass ihr Weltbild aus der Zeit gefallen ist.

Niemand kann das so pointiert darstellen wie ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner: Sie fürchtet eine "Entwertung der Staatsbürgerschaft", weil die Wiener Arbeiterkammer einen (sehr zurückhaltenden) Vorschlag gemacht hat, wie der Zugang dazu erleichtert werden kann. Der türkise Gedanke lautet also: Je mehr Menschen einen österreichischen Pass haben, desto geringer ist sein Wert.

Der türkise Gedanke lautet: Je mehr Menschen einen österreichischen Pass haben, desto geringer ist sein Wert.
Foto: imago stock&people

Ganz offensichtlich mangelt es der Volkspartei an patriotischem Selbstvertrauen. Denn wer glaubt, einer Staatsbürgerschaft nur durch künstliche Verknappung zu besonderem Wert verhelfen zu können, hält nicht viel davon. Vor allem aber ignoriert die ÖVP in ihrer Argumentation völlig, dass die österreichische Staatsbürgerschaft jedes Jahr tausendfach verschenkt wird – an Menschen, die bis dahin für den Staat noch keinen Finger gerührt und auch nur Kosten verursacht haben. Nun wirft ihnen das niemand vor, weil sie die neugeborenen Kinder österreichischer Eltern sind. Aber auch später wird ihre Staatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen hinterfragt. Warum auch? Sie sind selbstverständlich Teil der österreichischen Gesellschaft.

Ausschlusskriterien

Genau das trifft aber auch auf jene Menschen zu, die seit vielen Jahren hier leben, oft auch in Österreich geboren wurden. Aber sie haben eben die falschen Eltern und müssen sich wegen ihres familiären Hintergrunds besonders beweisen: Wer einen zu schlecht bezahlten Job hat oder in einem Zeitraum von zehn Jahren auch für einige Monate im Ausland lebte, kommt am Türsteher vor dem Österreich-Klub nicht vorbei. Ein Ausschlusskriterium stellt es freilich auch dar, wenn man seine bisherige Staatsbürgerschaft nicht aufgeben will. Österreich ist eifersüchtig, man darf neben ihm keine anderen Staaten haben. In einer Zeit, in der nationale Grenzen zum Glück immer leichter überwindbar und viele Menschen in mehreren Ländern zu Hause sind, wirkt diese Regel nicht nur altmodisch, sondern weltfremd.

Volkspartei und Freiheitliche verteidigen eines der strengsten Staatsbürgerschaftsrechte der Welt. Dabei geht es ihnen auch um Wahltaktik. Mit ihrer fremdenfeindlichen Politik würden sie bei plötzlich wahlberechtigten neuen Österreicherinnen und Österreichern nicht gut ankommen, das wissen sie. Dafür nehmen sie die Aushöhlung des demokratischen Prinzips in Kauf: Die Bevölkerung bestimmt die Politik. Immer weniger Menschen in Österreich dürfen aber mitbestimmen, weil sie nicht den richtigen Pass dafür haben. Wenn das Wahlrecht weiterhin an die Staatsbürgerschaft gekoppelt sein soll, müssen sich Menschen auch einfacher auf diesem Weg zu Österreich bekennen dürfen.

Denn ein demokratischer Staat ist kein exklusiver Klub. Er profitiert von vielen engagierten Mitgliedern. (Sebastian Fellner, 21.5.2022)