Ziert sich noch ein wenig: Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Foto: Heribert Corn

The Clash war eine britische Punkrockband; Alexander Van der Bellen ist bekanntlich Bundespräsident der Republik Österreich. The Clash wurde Mitte der Siebzigerjahre gegründet, da war Van der Bellen gerade Anfang dreißig. Er wurde damals zum außerordentlichen Professor für Finanzwissenschaften der Uni Innsbruck ernannt. Ein paar Jahre später, 1982, veröffentlichte The Clash nach internen Band-Streitigkeiten einen Hit, der heute als Klassiker firmiert: Should I Stay or Should I Go?

Die Grünen befanden sich zu dieser Zeit in der Phase ihres Aufbaus; Van der Bellen war noch Mitglied der SPÖ, wandte sich aber bereits der Umweltbewegung zu. Vierzig Jahre später, diese Woche Donnerstag, wurde auf der Plattform Tiktok ein Video veröffentlicht, von dem weder in der Hofburg noch bei den Grünen jemand wissen will, wer es gemacht hat. Zu sehen sind Videoschnipsel mit Van der Bellen, halbwegs professionell geschnitten, unterlegt mit eben diesem Song: Should I Stay or Should I Go?

Der Name des anonymen Accounts, von dem es gepostet wurde, lautet "Der Kandidat"; er hat kaum Followerinnen und Follower und erst dieses eine Video online gestellt. Das aber wurde zum Schlager der heimischen Innenpolitikberichterstattung.Die Spekulation: Es ist der Auftakt von Van der Bellens Wahlkampf.

Webdomain liefert Indiz

Wer aber steckt hinter dem Account? Es gibt klare Hinweise darauf, dass Leute aus dem Umfeld Van der Bellens damit zu tun haben. Denn es wurde auch eine Domain auf den Namen derkandidat.at angemeldet, sie wurde am Tag der Video-Veröffentlichung aktualisiert. Eine entsprechende Homepage ist derzeit noch nicht erreichbar, der Link führt ins Leere. Inhaber der Seite ist aber ein Grafikdesigner, der mit Martin Radjaby zusammenarbeitet. Radjaby war im Wahlkampf 2016 Van der Bellens Kampagnenleiter. Es heißt, er werde auch im anstehenden Wahlkampf für Van der Bellen tätig sein.

Bereits seit Monaten wird damit gerechnet, dass Van der Bellen bald seine Wiederkandidatur bekanntgibt. Die Krone berichtete am Freitag ohne Angabe konkreter Quellen, dass er sie am Sonntag offiziell verkünden werde. Van der Bellens Sprecherin wollte weder den Artikel noch das Video kommentieren. Aus seinem Umfeld heißt es aber: Er werde seine Entscheidung demnächst bekanntgeben.

Dass er noch einmal antritt, davon geht in der heimischen Parteienlandschaft eigentlich jede und jeder aus – auch bei den Grünen, deren Bundessprecher Van der Bellen 1997 bis 2008 war. Als Bundespräsident wurde er im Jänner 2017 angelobt. Dieses Jahr steht die nächste Präsidentschaftswahl an.

Wahl spätestens im Dezember

Zumindest in der Theorie steht Van der Bellen trotzdem noch nicht unter Zeitdruck. Sein – jedenfalls vorerst – letzter Arbeitstag wäre der 26. Jänner 2023. "Der nächste Bundespräsident muss nahtlos anknüpfen können", sagt der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Wann davor die Wahl stattfindet, entscheidet die Bundesregierung mit Zustimmung des Hauptausschusses im Nationalrat. Einen bestimmten Zeitpunkt, wann der Wahltermin feststehen muss, gebe es aber nicht. 37 Tage vor der Wahl müssen die Wahlvorschläge der Kandidaten eingebracht werden. Gemäß Mayers Rechnung müsste die Ausschreibung spätestens Anfang November erfolgen – und die Wahl demnach allerspätestens im Dezember stattfinden.

Nachdem in allen Parteien davon ausgegangen wird, dass Van der Bellen noch eine Periode anhängen will – und die Chancen anderer Kandidaten in diesem Fall als schlecht bewertet werden –, will kaum jemand überhaupt eine Alternative anbieten. Lediglich die FPÖ wird jedenfalls jemanden aufstellen. Norbert Hofer hat abgewinkt. Als mögliche Kandidatin wird die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst genannt. (Jan Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt, 20.5.2022)