Elegant und dramatisch: Nina Stemme als Brünnhilde.

Foto: Michael Pöhn

Wien – Langsam, da die Bayreuther Festspiele sich nähern, die den Ring des Nibelungen neu inszenieren lassen, beginnt man etwas besorgt an Wotan zu denken. Wie wird das? In der Inszenierung des jungen Österreichers Valentin Schwarz (Jahrgang 1989) ist John Lundgren der tragische Göttervater, der in Wien eher durchwachsen klang. Es war für ihn der Wiener Ring kein großer Erfolg. Bei Rheingold gab es für ihn Buhs. Lundgren ließ sich dann im Nachhinein (bei Walküre) als indisponiert (bei Rheingold) ansagen. Ungewöhnlich.

Wer nun an der Staatsoper die respektable Ring-Gesamtlage des Vokalen erlebt hat, wurde hingegen durchaus animiert, nach Bayreuth zu reisen. Und: Sollte es Iréne Theorin bei den Wagner-Festspielen als Brünnhilde schaffen, auf das Niveau von Nina Stemme zu kommen, die in der mit einem dynamischen Feuerkreis endenden Götterdämmerung Siegfrieds Herzensdame war, ist zumindest ihr Erfolg sicher.

Der Tenor braucht etwas

Kaum hatten die Nornen ihr Spiel mit dem Schicksalsseil absolviert, ging es in den vokalen Premiumbereich: Tenor Michael Weinius braucht als Siegfried zwar eine Weile, um dem Mittellageklang von Enge zu befreien (in Summe aber sehr passabel). Stemme war allerdings bereits im taufrischen Liebesmoment die sensible Herrin über Dramatik, Klarheit und Markanz. Und da das Staatsopernorchester unter dem souveränen Axel Kober romantischen Überschwang, Prägnanz und Sanglichkeit in Schönheit tauchte, wurde es ein besonderer Abend.

Von diesem profitierten der leicht angestrengt klingende Clemens Unterreiner (Gunther), die intensive Szilvia Vörös (Waltraute) wie auch Hagen (souverän Albert Dohmen) und Alberich (profund Jochen Schmeckenbecher). Auch Stemme zeigt final leichte Müdigkeit, Wagner war halt auch gnadenlos. Aber große Sangeskunst besteht auch darin, nicht hörbar zu machen, dass das Ganze keine fünf Minuten länger hätte dauern dürfen. (Ljubisa Tosic, 21.5.2022)