Das war sehr wenig.

Foto: EPA/ VALAT

Dominic Thiem hat es auch bei den French Open nicht geschafft, den Turnaround nach langer Verletzungspause zu schaffen. Der 28-jährige Niederösterreicher musste sich am Sonntag, dem Auftakttag der mit 43,6 Millionen Euro dotierten French Open in Paris, dem Bolivianer Hugo Dellien glatt mit 3:6,2:6,4:6 geschlagen geben. Damit bleibt Thiem nach seinem Comeback Ende März in Marbella ohne Sieg, es war die siebente Niederlage in Folge.

"Das war überhaupt kein gutes Match, aber so ist es nun einmal. Ich habe gewusst, dass es seine Zeit dauern wird, das Level ist sehr hoch von allen Spielern. Ich bin noch nicht dort, wo ich sein will", erklärte Thiem nach seinem Erstrunden-Aus. Er habe wirklich hart gearbeitet, aber die Zeit habe nicht gereicht. "Auch wenn es eine schmerzhafte Niederlage war, es ist nichts Unerwartetes passiert. Alles andere wäre eine große Überraschung gewesen. Es tut weh, ich bin sehr enttäuscht", so Thiem.

Thiem wird auch im Ranking weiter gewaltig an Boden verlieren. Der zuletzt auf Platz 194 abgerutschte Ex-Weltranglisten-Dritte wird ab 13. Juni mit 180 Punkten weniger, jene vom Roland-Garros-Viertelfinale 2020 (dank Corona-Regelung noch in der Wertung), aufscheinen. Er wird sich dann voraussichtlich um Position 370 wiederfinden. Seine nächsten Einsätze werden auf Challengerniveau sein. Perugia (ab 6.6.) und Parma (13.6./jeweils Italien) stehen auf dem Plan, danach will Thiem in Wimbledon antreten.

Talfahrt

Dank seinem "geschützten Ranking" nach seiner Handgelenksverletzung am 22. Juni des Vorjahres auf Mallorca kann Thiem aber nun auch fixe Startplätze trotz Ranking-Absturz nutzen. Der US-Open-Sieger 2020 ist nun schon seit 12. Mai des Vorjahres ohne Sieg bzw. hat auf Tour-Level die zehnte Niederlage in Folge zu verzeichnen (ohne der Niederlage beim Challenger in Marbella).

Thiem, der in Paris mit zwei Finali (2018, 2019) und insgesamt vier Semifinali großartige Zeiten erlebt hat, hatte auch im Vorjahr schon in der ersten Runde von Roland Garros verloren. Damals aber noch in fünf Sätzen, davon war der verunsichert wirkende Thiem gegen den Weltranglisten-87. aber meilenweit entfernt.

Vor rund 4.000 Zuschauern machte Thiem vor allem von der Vorhand eine Unzahl von unerzwungenen Fehlern. Gleichzeitig bot Dellien eine starke Leistung, erwies sich als äußerst beweglich.

Bitter

Thiem hatte von Beginn weg mehr Probleme mit seinem Aufschlag, und musste diesen erstmals zum 1:3 auch abgeben. Dieses Break reichte Dellien schon zum 6:3 nach 45 Minuten. Gleich zum Auftakt des zweiten Durchgangs verlor Thiem erneut sein Service und zum 1:4 ein zweites Mal, womit auch Satz zwei entschieden war. In gleicher Tonart ging es weiter, Dellien ging nach einem Auftaktbreak rasch mit 2:0 in Führung und der Bolivianer ließ sich diese Führung nicht mehr entreißen.

Trotz der Vorgeschichte war es sicher eine der bittersten Niederlagen für Thiem bei einem Grand-Slam-Turnier. Noch nie in seiner Karriere hat Thiem in der ersten Runde eines Majors keinen Satz gewonnen (außer bei einer Aufgabe in Wimbledon).

Weiter so

Mit leerem Blick und kaum verzogener Miene absolvierte Thiem nach seiner Niederlage das Medien-Pflichtprogramm. Nach sieben Niederlagen en suite mit nur einem Satzgewinn sieht Thiem noch keinen Grund für sonderliche Nervosität, einen Wechsel in seinem Umfeld oder einer Umstellung im Training selbst. "Ich mache nichts anders. Das ist der Schlüssel. Mit einer gewissen Art des Trainings bin ich sehr erfolgreich geworden, also ist es Zeit, das Gleiche wieder zu tun, um wieder in die Spur zu kommen." Es sei kein Geheimnis, dass er erst seit rund sechs Wochen wieder wirklich gut und konstant trainiere. "Das ist einfach nicht lange genug, besonders für die Verletzung, die ich hatte." Darum gibt er sich mehr Zeit. "Es wird noch ein paar Monate dauern, bevor ich bereit bin, wieder die Topleute zu schlagen."

Und ergänzte: "Hätte ich in der Coronapause nicht 28 Exhibition-Matches gespielt, hätte ich auch sicher nicht so gut gespielt bei den US Open." Seit seiner Jugend sei es so gewesen, dass er lange brauche. "Nach zehn Monaten ohne Spiel und mit einer schweren Handgelenksverletzung dauert es halt sehr lange, aber es kann sein, dass sich andere Spieler viel leichter tun."

In der Garderobe liegen die Prozente

Neben vielen einzelnen Kritikpunkten an seinem Spiel ist es auch die Match-Intelligenz, die Thiem noch fehlt. "Manchmal treffe ich während einer Rallye wirklich dumme Entscheidungen. Stopps oder im falschen Moment entlang der Linie. In einem Game heute habe ich vier oder fünf Vorhand-Returnfehler in Folge gemacht. Da habe ich mich gefragt, 'was zur Hölle geht da ab, ich wollte ihn nur reinspielen'."

Zwar sei es im Training besser, aber auch noch nicht perfekt. "Jeder sagt, dass man immer 10 bis 20 Prozent in der Garderobe liegen lässt, weil man nervös und angespannt ist. Bei mir geht es noch nicht einmal im Training perfekt. Ich kann nicht erwarten, dass es im Match passiert." Der berühmte erste Sieg würde vielleicht auch mental einen Schalter umlegen. Das weiß auch Thiem. "Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, war ich bei all den Matches, die ich gespielt habe, ziemlich weit von einem Sieg entfernt." (APA, red, 22.5.2022)