Bisher zweifach Geimpfte sollen laut Wiedermann-Schmidt bis Spätsommer beziehungsweise Herbst abwarten.

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Wien – Eine generelle Empfehlung für die vierte Impfung gegen Sars-CoV-2 für alle ab zwölf Jahren sei derzeit nicht vorgesehen. Die Empfehlung erfolge nur, falls eine neue Coronavariante auftritt, die den vierten Stich nötig machen würde. Das sagt Ursula Wiedermann-Schmidt vom Nationalen Impfgremium (NIG) zur Corona-Lage in Österreich in der Tageszeitung "Die Presse" (Montagausgabe). Indes betonte sie die Bedeutung des "3. Stichs". Mit der vollständigen Grundimmunisierung sei man gut geschützt.

Bisher hat das NIG eine Empfehlung für die vierte Corona-Impfung für alle ab 80 Jahren sowie immunsupprimierte Risikopatienten nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung mit dem behandelnden Arzt bzw. Ärztin abgegeben. Sie erfolgt derzeit "Off Label", weil noch keine entsprechende Zulassung seitens der EMA vorliegt.

Wiedermann-Schmidt: Neubewertung bei neuer Variante

"In den vergangenen Wochen und Monaten sind wichtige Publikationen zur Kompetenz der dritten Impfung erschienen. Aus ihnen geht hervor, dass sich das immunologische Repertoire nach der dritten Dosis extrem vergrößert." Demnach betreffe das nicht nur die Anzahl der langlebigen Plasmazellen und sogenannten B-Gedächtniszellen, auch Memory-Zellen genannt, die nach einem Viruskontakt rasch neutralisierende Antikörper produzieren. Der dritte Stich biete auch einen breiten Schutz gegen verschiedene Varianten, betonte Wiedermann-Schmidt in der "Presse".

Daher bestehe aus immunologischer Sicht derzeit kein Bedarf, die gesamte Bevölkerung ein viertes Mal zu impfen, auch weil Omikron zumeist milde Verläufe verursache "und wir mittlerweile eine hohe Durchseuchung haben. Rund 80 Prozent der Bevölkerung dürften schon in Kontakt mit dem Virus gekommen sein", so die Expertin. "Sollte sich aber unerwartet eine neue modifizierte Variante durchsetzen, müsste die Situation neu bewertet werden."

Schleimhautimmunität gegen weitere Welle

Umso wichtiger sei die dritte Impfung. Viele "haben sich ja noch nicht einmal den Booster abgeholt", so Wiedermann-Schmidt. Bisher zweifach Geimpfte sollten aber den Spätsommer beziehungsweise Herbst abwarten, "denn dann ist der Schutz im Herbst und Winter am höchsten – nämlich auch die mukosale Immunität, also die Immunität auf den Schleimhäuten, wodurch nicht nur schwere Verläufe, sondern auch Ansteckungen – für eine kurze Zeit – zu einem hohen Prozentsatz verhindert werden". Dies wiederum "könnte im Übrigen schon ein Grund sein, im Herbst eine generelle Empfehlung für die vierte Impfung abzugeben – eine beginnende starke Welle, die mit einer weiteren Dosis und der damit verbundenen Schleimhautimmunität, die Ansteckungen verhindert, gebrochen werden könnte", schränkte die Expertin ein. (APA, wisa, 23.5.2022)