Ist Türkis vorbei? Sind die türkisen Methoden der politischen Steuerung und Manipulation vorbei?

ÖVP-Obmann Karl Nehammer.
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Man konnte aus manchen Äußerungen des Bundeskanzlers und nunmehr neu gewählten ÖVP-Obmanns Karl Nehammer schließen, dass er es etwas anders machen will als Sebastian Kurz. Nicht gar so obsessiv machtbewusst.

Nun aber kommt heraus – durch den "Politik Backstage"-Blog des Journalisten Josef Votzi im Trend –, dass es auch bei der Wahl Nehammers zum Parteiobmann ziemlich nordkoreanisch zuging. 100 Prozent – das war die traumhafte Zustimmung zum Kandidaten. Eherne Geschlossenheit der Parteitagsdelegierten, ein überwältigender Vertrauensbeweis der begeisterten ÖVPler. Leider wurde aber massiv getrickst, wie Votzi herausfand: Auf den Stimmzetteln stand nur ein Name, der Nehammers. Boxen zum Ankreuzen von Ja oder Nein waren nicht vorgesehen. Im Wahlbereich standen zuerst Wahlurnen, dann erst Wahlzellen. Letztere blieben großteils ungenutzt, denn damit hätte man signalisiert, etwas geheim halten zu wollen. Den Stimmzettel aus dem Kuvert zu nehmen und die leere Hülle einzuwerfen war unbeobachtet kaum möglich.

Die ÖVP gibt sich gern bürgerlich-antisozialistisch, kann aber die Machtmechanismen einer Kaderpartei genauso wie die KPdSU. Nehammers 100 Prozent wurden eh nie ganz ernst genommen – jetzt noch weniger. (Hans Rauscher, 24.5.2022)