Kroatien hat bisher unter der umsichtigen Führung des seit 2016 amtierenden konservativen Ministerpräsidenten und früheren Spitzendiplomaten, Andrej Plenković, eher zu den konstruktiven Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehört.

Dass ausgerechnet in der für die Zukunft der europäischen Demokratie so lebenswichtigen Frage der geschlossenen Unterstützung für die Ukraine in ihrem Widerstand gegen den militärischen Überfall durch Russland nicht nur die die Türkei und Ungarn, sondern auch Kroatien als Störenfried auftritt, hat deshalb Überraschung ausgelöst.

Zoran Milanović entpuppt sich endgültig als ein hemmungsloser nationalistischer Populist.
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Man muss aber sofort klarstellen, dass im Falle Kroatiens der Schein trügt. Es handelt sich hier nicht um den starken Mann und sein autoritäres Regime, wie in Recep Tayyip Erdoğans Türkei oder Viktor Orbáns Ungarn, sondern um einen irrlichternden Politiker, den Anfang 2020 zum Staatsoberhaupt gewählten früheren sozialdemokratischen Regierungschef Zoran Milanović.

Im krassen Gegensatz zur eindeutig positiven Stellungnahme der Regierung will dieser den Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato blockieren, solange das Wahlgesetz in Bosnien-Herzegowina nicht geändert wird. So soll die internationale Gemeinschaft unter Druck gesetzt werden, um die Position der bosnischen Kroaten bei den Föderationswahlen zu stärken. Die Kroaten bilden 15,4 Prozent der Bevölkerung, die Bosniaken 50,1 und die Serben 30,8 Prozent.

Nationalistische Ausfälle

Das sei kein Akt gegen Finnland und Schweden, sondern einer für Kroatien, sagte Milanović, dessen absurde Forderung als "Erpressung und Ruinierung des internationalen Rufs Kroatiens" vom Außenminister Gordan Grlić Radman öffentlich zurückgewiesen wurde. Der jüngste Vorstoß des 56-jährigen Staatschefs ist freilich nur der letzte seiner antiamerikanischen, russlandfreundlichen und nationalistischen Ausfälle. Eine Sammlung der verstörenden Aussagen Milanovićs hinsichtlich der Ukraine präsentierte kürzlich die Balkan-Korrespondentin Adelheid Wölfl. Er habe geglaubt, da spreche ein russischer Beamter, kommentierte bereits vor dem Krieg Ministerpräsident Andrej Plenković die Ausfälle des Präsidenten. Milanović wurde "ein wahrer Star kremltreuer russischer Medien" hieß es auch in der Zagreber Zeitung Jutarnji List.

Die Wahl des sozialdemokratischen Kandidaten zum Staatspräsidenten wurde vor zwei Jahren von westlichen Medien als eine Absage an die schrillen Nationalisten, symbolisiert durch die Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarović, betrachtet. Dies war leider eine Fehlkalkulation. Milanović, aus einer kommunistischen Familie stammend, entpuppt sich endgültig als ein hemmungsloser nationalistischer Populist. Manche Beobachter spekulieren öffentlich über Drogenabhängigkeit und psychische Probleme.

Ein bekannter Zeithistoriker aus Zagreb sagte mir in einem längeren Gespräch, "vergessen Sie nicht Mussolini", ein Hinweis, dass der Faschistenführer auch extrem links angefangen hatte. Auch der nationalistische und korrupte erste Präsident des unabhängigen Kroatiens, Franjo Tuđman, war ursprünglich ein Partisanengeneral. Das Gift des Nationalismus ist noch immer zu stark. Kroatien hat eben kein Glück mit seinen Staatschefs. (Paul Lendvai, 24.5.2022)