Neue Welt, neue Instrumente: Die Performerinnen spielen die Drums von unten, hauen mit leeren Plastikrohren auf den Boden.

Foto: Christian Schuller

Wien – Der Adelung des altbekannten linken Trommelkreises kann man bei den Festwochen beiwohnen. Sie wird im Brut Nordwest auf ein neues diskursives Niveau gehoben. Die in Brüssel lebende Performancekünstlerin Kate McIntosh packt für To Speak Light Pours Out vier Performerinnen mit Schlaginstrumenten auf die Bühne, noch voller packt sie die 90-minütige Aufführung mit Texten von neun Autoren wie Rebecca Tamás, Paul B. Preciado und Donna Haraway. Nicht, dass Letztere im zeitgenössischen Kunstbereich nicht eh überall als Gedankenkrücken benutzt würden.

Es geht, mit Grabesstimme und Echoeffekten vorgetragen, um die Utopie einer weniger normativen Gesellschaft. Vor 400 Jahren sei nämlich der weiße, heterosexuelle, gesunde Körper als Norm erfunden worden – und hätte alle anderen exkludiert, die Frau zur Reproduktionsmaschine degradiert. Die Vision einer besseren Welt für alle geht auch mit besserem, weil freierem Sex einher. Ein nonbinärer Teufel ist dafür der Partner der Wahl! Alte Machtzöpfe müssen weg, neue Möglichkeiten her; es ist Zeit für gesündere und gleichere Beziehungen. Wer es genauer wissen will: Die Festwochen-Website verbindet unter dem irreführenden Link "Lesen" zu Onlineshops mit den Titeln.

Billiges Wildern

Teils sind die Exzerpte interessant, teils mantraartig hochgejazzt. So oder so geht mit dem neuen Gesellschaftsentwurf die Sehnsucht der Performerinnen einher, auch ihre Instrumente neu zu entdecken. Bei dem mal donnernden und stampfend lauten, mal kaum wahrzunehmend zarten Sound wird’s interessant. Sie spielen die Drums von unten, hauen mit leeren Plastikrohren auf den Boden, lassen Metall klirren, suchen in der Polyrhythmik gemeinsamen Klang. Die Freude, dass es klappt, steht den Vieren im Gesicht. Musikalisch-sinnlich ist das Theoriekonzert einnehmend, diskursiv bleibt es billiges Wildern in fremden Texten. (wurm, 23.5.2022)