Die kurzfristigen Maßnahmen gegen die Inflation sollten nicht die Klimakrise befeuern, etwa indem der Energieverbrauch subventioniert wird.

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Wien – Der Krieg in der Ukraine, die Folgen der Corona-Pandemie und die hohe Inflation bereiten dem Ökosozialen Forum Kopfzerbrechen. Denn diese Krisen hätten nicht nur die Ungleichheit in Österreich verstärkt, sondern auch die Verletzlichkeit der österreichischen Energie-, Nahrungsmittel- und Rohstoffversorgung offensichtlich werden lassen. Es brauche daher zielgerichtete Maßnahmen, die ökonomische, soziale und ökologische Interessen vereinen, erklärt Christoph Badelt, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats.

Um die Mehrfachkrise aus einer kriegerischen Auseinandersetzung, den Folgen der Corona-Pandemie und der hohen Teuerung zu bewältigen, seien Maßnahmen notwendig, die gleichzeitig soziale, ökonomische und ökologische Zielvorgaben erfüllen und die Versorgungssicherheit gewährleisten, sagt der frühere Wifo-Chef. Er verweist etwa auf die Kreislaufwirtschaft, die er als "einen der Schlüssel zur Aufrechterhaltung des Wohlstandes bei gleichzeitiger Reduktion des Ressourceneinsatzes" ansieht.

Mehr Transferleistungen

Statt Maßnahmen wie Steuersenkungen bei Energie oder der Abschaffung der kalten Progression empfiehlt Badelt individuelle Entlastungen für jene Menschen, die besonders stark von den deutlich steigenden Preisen betroffen sind. Man könne etwa Transferleistungen wie Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Mindestpension oder Studienbeihilfen erhöhen. Badelt dazu: "Man müsste nur die Zahlen austauschen, zeitlich befristet oder auch nicht, das wäre auch rechtlich nicht schwierig."

In der Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen sieht Badelt jedoch die Gefahr, kurzfristige Symptombekämpfung zu betreiben, die auch weitere Probleme schaffe oder dringende Probleme wie die Klimakrise außer Acht lasse. Zudem sei wichtig, Österreichs Abhängigkeiten zu verringern, um so die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen zu erhöhen.

Sicherheit durch Vorräte

Gasbevorratung, Vorratslager für Nahrungsmittel und andere Rohstoffe sollen Beeinträchtigungen in den Liefer- und Wertschöpfungsketten abfedern, erklärt der ehemalige Chef der Zentralanstalt für Meteorologie, Michael Staudinger. Die Unabhängigkeit könne auch gestärkt werden, indem Holz wieder häufiger als Baustoff genutzt würde. Holz sei umweltfreundlich, in Österreich gebe es ausreichend Potenzial, und die Wertschöpfung bleibe im Land. Außerdem sollten hierzulande Biogas und Geothermie ausgebaut werden.

Um die breite Bevölkerung bei der Klimakrise an Bord zu holen, spricht sich Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der WU Wien, für sachliche Informationskampagnen aus. Dazu müssten Sachverhalte so kommuniziert werden, dass Problembewusstsein geschaffen werde, ohne Panik zu machen oder zu verharmlosen. Das gelte auch für Inflation und teure Nahrung – etwa indem man abgelaufene Lebensmittel, die noch gut sind, trotzdem verwendet, anstatt sie wegzuwerfen. Der Schlüssel dazu: ein besseres Verständnis des Mindesthaltbarkeitsdatums. (aha, 24.5.2022)