Für den Abschluss einer Lebensversicherung fallen hohe Kosten an, die in den ersten fünf Jahren von den Prämien abgezogen werden. Teilentnahmen schmälern das Ergebnis ebenso.

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Mit dem Absenken der Zinsen auf das Niveau rund um null haben viele Anlageprodukte, die als sicher galten, ihre Attraktivität verloren. So auch der klassische Bausparer. Als Alternative haben einige Versicherungen fondsgebundene Lebensversicherungen beworben, bei denen man während der Laufzeit auch Teilentnahmen vornehmen kann. Doch im Laufe der Zeit sollte sich zeigen, dass diese Produkte nicht halten, was sie versprechen.

So hatte ein Kunde im Jahr 2015 solch einen Vertrag abgeschlossen. Per Ende Mai waren rund 7730 Euro an Prämien einbezahlt, und via geplante Teilentnahme wurden 3390 Euro entnommen. Wer jetzt glaubt, dass noch 4340 Euro in den Fonds stecken und für den Kunden arbeiten, der irrt. 827 Euro besitzt der Kunde noch laut Auskunft der Versicherung. Wie kann das gehen?

Hohe Abschlusskosten

Schuld daran ist nicht, dass die Fonds so schlecht performt hätten, sondern die hohen Abschlusskosten für das Produkt, erklärt Rechtsanwalt Robert Haupt. Verkauft würden solche Versicherungen gerne mit der maximalen Laufzeit von 35 Jahren – auf diese werden dann die Abschlusskosten berechnet. Je länger die Laufzeit, desto mehr Prämien, desto höher die Abschlusskosten, die jedoch innerhalb der ersten fünf Jahre abgezogen werden. Im konkreten Fall waren damit 3150 Euro weg. Abzüglich der Versicherungssteuer und Risikoprämie bleiben dann 827 Euro über.

Haupt sieht in dieser Produktkonstruktion eine Irreführung und hat eine erste Klage gegen eine heimische Versicherung eingebracht. Eine zweite Klage ist auf dem Weg, der Verbraucherschutzverein hat diesbezüglich eine Sammelaktion gestartet. Auf verbraucherschutzverein.eu/fehlkonstrukt können sich betroffene Kunden melden. Dann wird geprüft, ob ihre Versicherung diesen Strukturen entspricht.

"Wird ein Produkt verkauft, dass sich ex ante als Konstruktionsfehler erweist, ist das eine arglistige Irreführung", sagt Haupt. Er will für seinen Mandanten die Rückabwicklung des Produkts erreichen. Damit würde der Kunde seine einbezahlten Prämien inklusive Verzinsung von vier Prozent rückerstattet bekommen. Für Haupt ist klar, dass Kunden mit dieser Konstruktion von Anfang an Verluste machen, weil ihr zu veranlagendes Kapital durch die Kosten und Teilentnahmen rapide sinke.

Teures Extra

Die Teilentnahmen sollen bei den Verkaufsgesprächen als Extra herausgestrichen worden sein, um den Kunden ein dynamisches Produkt zu präsentieren.

"Diese Modelle sind wirtschaftlich nicht nachvollziehbar", sagt Wolfgang Staudinger, Geschäftsführer des Finanzunternehmens Fynup. "Konsumenten zahlen die hohen Kosten der Produktanbieter und Provisionen der Vermittler, womit bei geplanten Teilentnahmen ab dem sechsten Jahr Auszahlungen mit wissentlichem Verlust geplant sind. Ein Vermögensaufbau ist damit de facto so gut wie unmöglich", fasst Staudinger zusammen.

Hinzu komme laut Staudinger, dass Kunden oft mehrere solche Verträge haben, die mit zeitlichem Abstand abgeschlossen wurden. Damit sind dann laufend Entnahmen möglich. Was Kunden dabei ebenfalls oft übersehen, sei, dass die Prämien indexangepasst werden und sich auch verteuern – mitunter zur Kostenbelastung werden.

Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein fasst es noch drastischer zusammen: "Keiler von Strukturvertrieben haben die Leute über den Tisch gezogen. Ihnen war nur ihre Provision wichtig." (Bettina Pfluger, 24.5.2022)