Diese Runde geht an den König. Einen Monat nachdem der frühere jordanische Kronprinz Hamza bin Hussein in einem Brief bekanntgab, dass er auf seinen royalen Titel verzichte, antwortete König Abdullah II. von Jordanien mit einem Dekret. Darin schränkt er die "Kommunikation, Wahl des Wohnorts und Bewegungsfreiheit" des Prinzen, der sein Halbbruder ist, ein. Hamza sitzt nicht hinter Gittern, wird aber eingesperrt.

2021, kurz nach dem ersten Zwist, beteten König Abdullah (vorne rechts) und Prinz Hamza (Zweiter von links) noch gemeinsam am Grab ihres Vaters, König Hussein.
Foto: AP / Royal Court

Begleitet wird der Erlass von einem Schreiben an die Öffentlichkeit, in dem der 60-jährige König seinen 42-jährigen Halbbruder als "arrogant" und "erratisch" bezeichnet. Prinz Hamza lebe in der Illusion, der einzige Wächter des Vermächtnisses der Königsfamilie zu sein. Er habe alle ihm gegebenen Gelegenheiten, "auf den rechten Pfad zurückzukehren", aufgebraucht.

Damit öffnet sich ein neues Kapitel im Drama des haschemitischen Königshauses, das erst 2021 öffentlich wurde, aber schon 2004 begann. Damals entließ König Abdullah seinen Halbbruder als Kronprinzen, zugunsten seines eigenen Sohnes.

Quasi auf dem Sterbebett hatte König Hussein von Jordanien 1999 die Thronfolge geändert und anstelle seines Bruders Hassan seinen ältesten Sohn Abdullah, den jetzigen König, eingesetzt – angeblich genau deshalb, weil Abdullah bereit war, den Lieblingssohn des sterbenden Königs, Hamza, als Thronerben zu designieren. Hamza war damals erst 18 Jahre alt, sonst hätte ihn König Hussein wohl direkt bestellt.

Zwei harte Urteile

Heute werden Hamza Umsturzabsichten vorgeworfen. Zwei hochrangige Ex-Funktionäre sitzen dafür bereits in Haft: Der Ex-Chef des Königlichen Hofs, Bassem Awadallah, und ein Royal, Sharif Hassan bin Zaid, wurden im Juli wegen ihrer Beteiligung an einer Verschwörung zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Ihre Verbindungen zu Saudi-Arabien wurden von vielen so interpretiert, dass Riad den Plan unterstütze, König Abdullah durch Hamza zu ersetzen. Im Prozess wurde nur angedeutet, dass die beiden Hilfe bei ausländischen Botschaften gesucht hätten. Die jordanisch-saudischen Verbindungen blieben zumindest nach außen hin ungetrübt.

Das an Ressourcen arme Jordanien ist auf gute Beziehungen zu den reichen Ölstaaten angewiesen. Die historischen Beziehungen sind aber nicht einfach: Immerhin hat die Familie Saud vor rund hundert Jahren die herrschenden Haschemiten aus Mekka und Medina verdrängt.

Vor einem Jahr ließ König Abdullah Hamza rechtlich ungeschoren. Dass er die Sache in der Familie regeln wollte, hat auch damit zu tun, dass der aufmüpfige Prinz in weiten Teilen der Bevölkerung beliebt ist – besonders bei den ostjordanischen Stämmen, die den Lebensstil der Königsfamilie und besonders der palästinensischstämmigen Königin Rania kritisieren.

Aber die Ruhe, die sich Abdullah wünschte, ist eben nicht eingekehrt. Dem Titelverzicht Hamzas im April und der jetzigen Reaktion Abdullahs war im März ein – nunmehr seltsam erscheinender – Brief des Prinzen vorausgegangen, in dem er Fehler zugab und den König um Vergebung bat. Einen Monat später folgte wiederum das Schreiben, in dem er den Prinzentitel niederlegte – was er laut jordanischer Verfassung gar nicht kann – und dem König vorwarf, das Erbe ihres gemeinsamen Vaters zu beschädigen.

"Erratische" Briefe

Die entlang der Fans und Kritiker Hamzas gespaltenen Jordanier und Jordanierinnen spekulieren nun, ob Hamzas Brief im März überhaupt echt war oder ob die zwei einander widersprechenden Schreiben eben das "erratische" Handeln des Prinzen beweisen würden. Aber viel mehr als die königlichen Zwistigkeiten beschäftigt die Bevölkerung der wirtschaftlich und sozial schwierige Alltag in Jordanien.

Abdullah ist aber nicht nur im Inneren unter Druck, er leidet auch unter geopolitischem Bedeutungsverlust. Jordaniens wichtigster Bezugspunkt war unter Abdullah stets Washington, dort wurde Jordanien als unverzichtbare strategische Stütze wahrgenommen und war in die US-Politik stark eingebunden.

Das war mit Donald Trump vorbei, der seinen geplanten "Deal des Jahrhunderts", der den Nahen Osten befrieden sollte, auf persönlichen Beziehungen zu einzelnen arabischen Golfpolitikern aufbaute. Vor Abschluss der israelisch-arabischen "Abraham Accords" wurde Jordanien nicht einmal konsultiert. König Abdullah befürchtet auch, dass ihm Saudi-Arabien, mit Zustimmung Israels, seine Rolle als Verwalter der islamischen Stätten in Jerusalem streitig machen könnte. (ANALYSE: Gudrun Harrer, 24.5.2022)