Im Jahr 2006 betrug der Schuldenstand Wiens 1,47 Milliarden Euro. Ende 2021 waren es 9,07 Milliarden Euro.

Foto: Getty Images/iStockphoto/querbeet

Die Stadt Wien hat im Vorjahr eine Neuverschuldung von 1,28 Milliarden Euro verzeichnet. Damit kletterte der Gesamtschuldenstand der Stadt bis Ende 2021 auf knapp mehr als neun Milliarden Euro. Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erwähnte bei der Präsentation von Eckpunkten des Rechnungsabschlusses aber auch, dass das Defizit um rund 600 Millionen Euro geringer ausgefallen ist als im Voranschlag prognostiziert. So hätten interne Einsparungen erzielt werden können, meinte Hanke. Die Opposition sprach hingegen von deutlich höheren Einnahmen aus dem Finanzausgleich als veranschlagt, die ein besseres Ergebnis ermöglicht hätten.

Ursprünglich hatte die Stadt vorgehabt, bei guter Konjunkturentwicklung sogar Schulden zurückzuzahlen. So sahen es Pläne nach der Bewältigung der großen Flüchtlingsbewegung von 2015 vor. 2019 wurde erstmals wieder ein Nulldefizit geschafft – dank hoher Einnahmen aus Ertragsanteilen des Bundes sowie aus eigenen Steuern ein Jahr früher als gedacht.

Mit der Corona-Pandemie wurde dann quasi alles über den Haufen geworfen. Im Jahr 2020 kam eine Neuverschuldung von 1,1 Milliarden Euro dazu, im Vorjahr waren es eben 1,28 Milliarden Euro.

Finanzstadtrat Hanke meinte dennoch, dass Wien der Krise trotze. Er verwies darauf, dass die Stadt im Vergleich mit den anderen Bundesländern "akzeptabel" dastehe: Beim Schuldenstand pro Kopf liege Wien mit 5.095 Euro genau im Mittelfeld. Am oberen Ende befinden sich laut Hanke Kärnten (7.141 Euro) und Niederösterreich (6.717 Euro), am unteren Tirol (2.340 Euro) und Salzburg (2.628 Euro).

32 Milliarden Euro Stadt-Vermögen

In Wien seien zudem Investitionen und das Vermögen der Stadt gestiegen. Die Investitionen wurden "zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts" um 200 Millionen auf 2,4 Milliarden Euro erhöht. Alleine 1,7 Milliarden Euro entfielen auf das Bau- und Baunebengewerbe. Das Vermögen der Stadt wuchs im Vorjahr von 29 Milliarden auf 32,2 Milliarden Euro. Die Rücklagen wurden als Finanzpolster um 200 Millionen auf 2,1 Milliarden Euro erhöht.

Die größten Brocken des 16,2-Milliarden-Euro-Budgets machten Gesundheit, Soziales und Bildung aus. Für diese Bereiche wurde rund die Hälfte des Gesamtbudgets ausgegeben. Straßenbau und Verkehr schlug mit 1,2 Milliarden Euro zu Buche. Einnahmenseitig kam mit fast 41 Prozent der bei weitem größte Anteil von Ertragsanteilen des Bundes. Der Bereich "Eigene Abgaben" machte 11,1 Prozent der Gesamteinnahmen aus, der Bereich "Gebühren" 3,2 Prozent.

Die letzteren beiden Bereiche sorgen immer dann für Aufsehen, wenn sie erhöht werden. Die Gebühren für Wasserversorgung, Kanal und Müllabfuhr wurden erst Anfang 2022 erhöht. Grund ist das Wiener Valorisierungsgesetz: Erhöht sich der Verbraucherpreisindex nach der letzten Valorisierung um mehr als drei Prozent, werden automatisch die Gebühren angepasst – also erhöht.

Noch keine Entscheidung über Valorisierung der Gebühren

Aufgrund der hohen Inflation ist davon auszugehen, dass die Hürde heuer erneut genommen wird, bei der eine erneute Erhöhung ab Jahresbeginn 2023 schlagend würde. Relevant ist diesbezüglich der Juni-Wert. Im April lag der Verbraucherpreisindex laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria bei 7,2 Prozent. Hanke verwies darauf, dass er voraussichtlich im August mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) darüber beraten werde, ob die Valorisierung kommt oder ausgesetzt wird. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen.

Die Erholung nach dem Corona-Krisenjahr 2020 habe schneller als erwartet eingesetzt, meinte Hanke. Die Entwicklung 2022 stimme positiv: So gab es im ersten Quartal ein Plus von 2,5 Prozent bei der Wirtschaftsleistung. Beim Beschäftigungsgrad habe man auch das Vorkrisenniveau übertroffen. Dennoch könne sich Wien angesichts von Corona, Ukraine-Krieg und Lieferkettenproblemen aufgrund von Chinas No-Covid-Strategie nicht vom internationalen Trend lossagen. Hanke erwartet, dass sich die aktuellen Entwicklungen "wahrscheinlich zeitverzögert" in Wien niederschlagen. Herausfordernd sei der Kongresstourismus: Hier habe man erst wieder 40 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht.

Opposition übt Kritik am Kurs der Stadtregierung

Die Wiener ÖVP kritisierte den Schuldenkurs der Stadt – und verwies darauf, dass drei Milliarden Euro Schulden aus ausgelagerten Bereichen nicht eingerechnet sind. Wien habe ein Ausgabenproblem, sagte Klubchef Markus Wölbitsch. FPÖ-Chef Dominik Nepp sprach von "Geldverschwendung", die Mindestsicherung für Nichtösterreicher müsse sofort gestrichen werden. Der grüne Budgetsprecher Martin Margulies befürchtet, dass Wiens Stabilität angesichts von Rekordschulden und sich abzeichnenden Zinserhöhungen bedroht ist. (David Krutzler, 23.5.2022)