Durch jede Öffnung im Spinnennetz darf nur ein Teilnehmer gehievt werden. Das geht nur mit Teamarbeit.

Foto: Stefan Bendinger

Für einige Jugendliche ist es das erste Lagerfeuer, das sie machen. Die Grillspieße, gefüllten Champignons und Maiskolben liegen fein säuberlich hergerichtet bereit. Zwei Burschen legen das Grillgut vorsichtig auf den Rost, die anderen acht Jugendlichen versammeln sich rund um die Feuerstelle am Tobenmühlhof in Seeham im Salzburger Flachgau. "Das Essen haben wir gemeinsam vorbereitet", sagt Peter stolz. Eine alltägliche Tätigkeit, die in der Gruppe jedoch auch herausfordernd sein kann. Aufgaben im Team zu meistern ist der Kern des Gruppentrainings der Aktion Genderfit.

Konzipiert ist das Projekt der Jugendberatungsstelle Einstieg für junge Männer zwischen 15 und 21 Jahren, die auf eine Lehrstelle warten oder eine Lehre abgebrochen haben – also noch ohne Ausbildung sind. Das Ziel von Genderfit sei es, die Burschen in ihrer Rollenidentität zu stärken und soziale Kompetenzen zu entwickeln, erklärt Stefan Bendinger, der als Mediator und Erlebnispädagoge die Jugendlichen durch das Projekt führt. "Alle haben negative Erfahrungen in der Entwicklungsphase gemacht. Daher ist es wichtig, ihren Selbstwert zu stärken. Sie lernen, gewaltfrei zu kommunizieren und Gruppen auch positiv zu erleben."

"Ich habe gelernt, im Team zu arbeiten und dass man sich unterstützen muss", sagt Peter. "Ein Mann kann einen Unterschied machen, ein Team kann ein Wunder bewirken." Der 17-Jährige hat noch keine Lehre, aber bereits als Koch geschnuppert. Jugendliche, die nach Ende der Schulpflicht keine weitere Ausbildung besuchen, brauchen mit fast sieben Monaten besonders lang, bis sie ihren ersten Posten finden. Das zeigt das bildungsbezogene Erwerbskarrieremonitoring der Statistik Austria. Peter ist einer von ihnen. Beim Schnuppern war es ihm in der Küche dann zu hektisch, erzählt er.

Ich schaff’ das schon

Um mit solchen Situationen umgehen zu lernen, waren an zehn Workshoptagen verschiedene Herausforderungen zu meistern, darunter erlebnispädagogische Gruppenübungen und Kooperationsspiele. "Wir mussten gemeinsam einen Wasserbehälter tragen und so wenig Wasser wie möglich verschütten", nennt Peter ein Beispiel. Im Wald wurden Schnüre zu einem Spinnennetz mit verschieden großen Öffnungen gespannt, durch die jedes Gruppenmitglied hindurchmusste. Doch jede Öffnung durfte nur einmal benutzt werden. "Das muss man nach der Größe organisieren", erklärt der 17-Jährige. Bei diesen Herausforderungen habe er sich immer zuvor gefragt: Schaff’ ich das? "Aber nun, am Schluss, hab’ ich gemerkt, ich kann das", sagt Peter.

Robert arbeitet lieber selbstständig, sagt er. "Aber ich habe hier gesehen, ich kann auch ein Teamleader sein. Das habe ich mir vorher nicht zugetraut", betont der 17-Jährige. Er hat im Zuge des Projekts herausgefunden, was er arbeiten möchte. Er will sein Hobby zum Beruf machen und Fotograf werden. Dazu beginnt er im Herbst an einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe im Lungau, die ihn bereits aufgenommen hat.

Verschiedene Männerrollenbilder

Damit die Teilnehmer ihren individuellen Weg ins Erwachsensein finden, wurden auch die eigene Identität und Männerrollenbilder thematisiert. Bendinger war dabei wichtig zu zeigen: "Das Männerbild, das ich vor mir habe, ist nicht das Einzige, das es gibt." Das größte Ziel für einige der Burschen sei es, eine Lehrstelle zu finden, viel Geld zu verdienen und einen Mercedes zu kaufen. Dabei habe es bereits große Verschiebungen im Alltag der Jugendlichen gegeben, erklärt der Mediator. Queere und Transgenderidentitäten seien bereits alltäglich, weil die Betroffenen auch offen damit umgehen.

Das bestimmende Thema in den Gruppenübungen sei der fehlende Selbstwert gewesen, fasst es Bendinger zusammen. Einige Burschen hätten wenig Stabilität, würden in eine Lethargie verfallen und hätten teils depressive Züge, auch weil die Erfolgserlebnisse fehlen würden. "Jedes positive Gruppenerlebnis stärkt die Identität", betont der Erlebnispädagoge.

Einstieg in die Ausbildung

Das Projekt Genderfit des Vereins Einstieg entstand in Kooperation mit dem Bubenbeirat und der Hil Foundation. Die Teilnehmer waren zuvor in einem Kurs von Ausbildungsfit, einer Initiative des Sozialministeriumservice, die an das Jugendcoaching anschließt und junge Menschen mit fehlenden sozialen Kompetenzen und Kulturtechniken hilft, diese Skills nachträglich zu erwerben. Das Programm soll Jugendlichen den Einstieg in eine Ausbildung ermöglichen, um höhere Qualifikationen zu erlangen und so am Arbeitsmarkt teilhaben zu können. Laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien ist die Bilanz der Jugendcoachings bei Jugendlichen ab 15 Jahren, die nach dem Schul- oder Ausbildungsabbruch wieder ins System geholt werden sollen, beeindruckend.

Auch bei einigen Teilnehmern des Genderfit-Programms hat der Einstieg in den Arbeitsmarkt geklappt. Sie haben bereits vor der Abschlussgrillerei eine Lehrstelle gefunden. (Stefanie Ruep, 25.5.2022)