Ein Sinnbild des Abends: Der HSV liegt am Boden.

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Die Hamburger Leidensfähigkeit ist bewundernswert.

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Alles richtig gemacht: Hertha-Trainer Felix Magath.

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Hamburg – Der Hamburger SV hat den Wiederaufstieg in die deutsche Bundesliga verpasst, Hertha BSC hält hingegen die Klasse. Die Hauptstädter gewannen das Relegations-Rückspiel in Hamburg 2:0, nachdem das Hinspiel mit 1:0 an den HSV gegangen war. Der einstige "Bundesliga-Dino" muss also für seine fünfte Saison in der Zweitklassigkeit planen.

Die erste Hamburger Pyro-Fackel war noch nicht ausgebrannt, als die Gäste die kalte Badewanne über die Hamburger Feierlaune leerten. Eckball von links, Kapitän Dedryck Boyata köpfelte ein (4.). Gesamtscore 1:1. Die Nordkurve des HSV empfing Auftritte der Offensive wie Verdurstende einen Schluck Wasser, doch ihre Kehlen blieben bemitleidenswert trocken. Das hohe Anpressen der Hertha machte jedem kontrollierten Spielaufbau den Garaus, Felix Magaths Team fand umgekehrt immer wieder flott den Weg auf die Flügel und brachte die Kugel von dort auch gefährlich vors Tor.

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Minute 31: Ishak Belfodil setzt Lucas Tousart per Ferse ein, HSV-Goalie Heuer Fernandes pratzelt seinen Schuss aufs lange Eck weg. Hie und da luden die Gäste den HSV durch Stellungsfehler oder Sekundenschläfe zu aussichtsreichen Ansätzen ein, die wurden zuverlässig wegdilettiert. Robert Glatzel verbummelte sein Dribbling, Bakery Jatta verhungerte ein Kurzpass auf drei Meter.

Kampf

Wer Badkickerei sehen wollte, war bei perfektem Fußballwetter im Volksparkstadion fehl am Platz, Kampf war Trumpf. Zweikämpfe und Luftduelle gab es generell nur mit Messer zwischen den Zähnen, mehrmals wurden zwei Mann zeitgleich verarztet. Jatta ging übermütigst von hinten in einen Zweikampf mit Stevan Jovetic, spielte zu seinem großen Glück aber den Ball. So wuzelte sich Jovetic umsonst über den Rasen, Referee Deniz Aytekin ließ betont tiefenentspannt weiterlaufen.

Zweite Halbzeit. Wieder machte das ganze Stadion Lärm, fackelte Überbleibsel von Silvester ab – und wieder schien die Dusche frierend kalt zu werden. Tousart stand nach einem misslungenen Klärungsversuch vor dem Tor, vergab aber. Und, noch ein Unterschied: Der HSV war auch da. In Minute 48 fing Hertha-Goalie Oliver Christensen seinen ersten Schuss, wenig später musste er sich bei Moritz Heyers Abschluss sogar schon anstrengen.

Wieder ein Standard

Man konnte nicht von Oberwasser sprechen, aber der HSV hatte ins Spiel gefunden. Aber der HSV ist eben der HSV, und deshalb trug sich folgendes zu: Belfodil ließ nahe der Outlinie drei Mann stehen und wurde gefoult. Alle erwarteten eine Freistoßflanke, doch Marvin Plattenhardt übertölpelte Heuer Fernandes mit einem Schuss ins lange Eck (63.). Gesamtscore 2:1, nun musste der HSV liefern – und das schien nach dem Gesehenen eher unwahrscheinlich. Minute 74: Ein simpler Lochpass hebelt die ganze Hamburger Defensive aus, Jovetic bringt den Ball nicht an Heuer Fernandes vorbei. Dem HSV blieb eine Viertelstunde, um die Verlängerung zu erzwingen.

Minute 80: Eine Flanke landet über Umwege bei HSV-Joker Josha Vagnoman, sein Schuss aus wenigen Metern wird entscheidend abgelenkt. Dieses Zufallsprodukt blieb die einzige Unterbrechung der Hamburger Harmlosigkeit, auf diesem Niveau sticht fehlende Qualität auch die redlichsten Bemühungen. Tousarts Gelb-Rote Karte für Ballwegschlagen (96.) kam viel zu spät, die Gastgeber brachten den Ball auch in Überzahl nicht mehr in den Strafraum. (Martin Schauhuber aus Hamburg, 23.5.2022)

Hamburger SV – Hertha BSC 0:2 (0:1)

Hamburg: Heuer Fernandes – Heyer (82. Gyamerah), Vuskovic, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Rohr (58. Vagnoman) – Jatta (74. Kaufmann), Glatzel, Kittel. – Trainer: Walter

Berlin: Christensen – Pekarik, Boyata, Kempf, Plattenhardt (81. Björkan) – Ascacibar – Tousart, Serdar (85. Stark) – Kevin-Prince Boateng (89. Darida) – Belfodil (82. Maolida), Jovetic. – Trainer: Magath

Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)

Tore: 0:1 Boyata (4.), 0:2 Plattenhardt (63.)

Zuschauer: 55.000 (ausverkauft)

Beste Spieler: Boateng, Boyata, Plattenhardt – Heuer Fernandes, Heyer

Gelbe Karten: – Kevin-Prince Boateng, Jovetic

Gelb-Rote Karten: Tousart (Berlin) wegen unsportlichen Verhaltens (90.+6)

Torschüsse: 8:16

Ecken: 4:4

Ballbesitz: 57:43 %

Zweikämpfe: 116:120