Soll niemand sagen, Dua Lipa gäbe nicht alles.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

2018 wurde Dua Lipa zum Meme. Ein Ausschnitt aus einer Performance ihrer Hitsingle "One Kiss" ging viral. Darin sieht man die mittlerweile 26-jährige Sängerin ruckartig und etwas zwanghaft ihre Hüften drehen. Die Bewegung ging unter dem Namen "The Pencil Sharpener" in die Internet-Annalen ein, weil Lipa eben so aussieht, als würde sie mit ihrem Körper einen Bleistift spitzen.

Froggy

Klingt total belanglos, war es aber zumindest für Dua Lipa nicht. In sozialen Medien wurde sie von Hasskommentaren überflutet: Sie gebe sich nicht mal richtig Mühe, was für eine miese Performerin und Entertainerin, hieß es dort. Dua Lipa deaktivierte dann für einige Zeit ihren Twitter-Account und grämte sich, dass ein minimaler Tanz-Ausschnitt sie als künstlerische Owezahrerin brandmarkte. Irgendwann begann sie es dann aber doch auch mit Humor zu nehmen und baute eine elegantere Version des "Pencil Sharpener" in ihre Choreografie ein. Wer zuletzt spitzt, spitzt eben am besten.

Das Üben hat sich ausgezahlt

Zu sehen ist das nun live. Wir schreiben 2022, Lipa ist endlich auf Albumtour zu ihrem Erfolgswerk "Future Nostalgia", das bereits 2019 erschienen war. Dazwischen Pandemie und Zeit, tanzen zu lernen. Denn niemand soll sagen, dass sie nicht alles gäbe.

Und wie ihr Auftritt am Montagabend in der Wiener Stadthalle bewies, hat sich das Üben voll ausgezahlt. Lipa lieferte eine Punktlandung in Sachen Glitzer, Neon und hervorragendem Gesang, eine makellose Show. Klar kann man diese Makellosigkeit auch kritisieren.

Dua Lipa ist auch abseits vom Spitzer keine geborene Entertainerin, sondern wirkt eher wie eine Stewardess, die die Sicherheitsbestimmungen zwar täglich professionell performt, aber beim Zeigen auf die Notausgänge nicht gerade vor Leidenschaft und Hingabe übergeht. Während Stars wie Rihanna nur einen gezielten Blick ins Publikum werfen müssen, um die Triebwerke der Herzen zum Kollabieren zu bringen, fliegt Dua Lipa auf Autopilot.

Groß angelegtes Eighties-Workout

Aber sie fliegt. Bei der letzten Nummer "Levitating" schwebt sie in einem Käfig über der Menge. Dann noch zwei Nummern als Zugabe, und ein Abend ohne Durchhänger geht zu Ende. Der hat schon gut begonnen. Bereits bei der ersten Nummer "Physical" zuckt die übervolle Stadthalle aus, Lipa im rosa Catsuit und ihre fantastischen Tänzerinnen und Tänzer in roter Active Wear heizen gleich zu Beginn dieses großangelegten Eighties-Workouts ordentlich ein.

Handyvideo aus Berlin.
marioulic

Die erste Phase des Konzerts steht ganz im Zeichen von Rollschuhen, Diskokugeln und Regenschirmen, sogar ein paar Gitarrensoli der Marke Glam Rock ("Cool") dürfen sein. Der Drummer schlägt ganz ausgezeichnet durch die Popbretter, auch die Backgroundsängerinnen machen ihre Sache anständig und lassen die am Computer konzipierten Nummern auch in der Liveumsetzung gut klingen.

Dramaturgie stimmt

Ob es den überdimensionalen Hummer auf der Bühne gebraucht hätte, der in Referenz an das Video zu "We're good" den Mittelteil des Sets einläutet, sei einmal dahingestellt. Aber wenn Katy Perry einen "left shark" haben kann, soll Dua Lipa auch einen Hummer haben dürfen. Das Viecherl ist gemeint, nicht das Auto.

Der dritte Teil der Show vereinte dann die Clubnummern wie "One Kiss" (Spitzer-Song!!) und "Electricity" und brachte die Menge noch einmal zum Toben. Spätestens als die Regenbogenfahne auf der Bühne gehisst wurde, war klar: Hier stimmt die Dramaturgie, eigentlich das Wichtigste bei solchen Produktionen. Chapeau, Dula Peep! (Amira Ben Saoud, 24.5.2022)