Beim Thema Teuerung sieht Kocher deutlichen Handlungsbedarf. "Die Inflation führt zu großen Verwerfungen." Man werde als Regierung versuchen, mit den Planungen für ein weiteres Entlastungspaket "möglichst weit in den nächsten Wochen zu kommen".

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Wien – Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Teuerung, all das schlägt sich bislang nicht am Arbeitsmarkt nieder. Die Arbeitslosenzahlen sind erneut gesunken. Im Vergleich zur Vorwoche gibt es um 3.694 Arbeitslose und AMS-Schulungsteilnehmer weniger. Derzeit haben 311.086 Personen keinen Job, davon sind 237.842 arbeitslos gemeldet und 73.244 nehmen an AMS-Schulungsmaßnahmen teil.

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) führt dies bei der Präsentation der aktuellen Zahlen unter anderem auf saisonale Effekte zurück. Und auf die weiterhin vergleichsweise stabile Wirtschaftsentwicklung. Die heimische Wirtschaftsleistung ist im Vergleich zum Mai des Vorjahres um knapp sieben Prozent höher.

Abflauendes Wachstum

In manchen Branchen schlage die Unsicherheit allerdings bereits durch, man verzeichne "eine abflauende Konjunktur", sagt Kocher. Die Aussichten für die Industrie und den Export hätten sich "leicht verschlechtert". "Wir hoffen, dass sich das nicht verfestigt."

Andere Branchen kämpfen weiterhin mit dem Arbeitskräftemangel. Dazu gehören unter anderem bekanntlich Gastronomie und Hotellerie. So rasch werden sich die Probleme auch nicht lösen lassen, sagt Kocher. Manche Gastronomiebetriebe haben aufgrund des Mitarbeitermangels ihre Öffnungszeiten verkürzt oder einen zusätzlichen Schließtag eingeführt. Allerdings sei die Branche – anders als in den Jahren vor der Pandemie – mittlerweile auch in Sachen Mitarbeitersuche sehr aktiv.

Wachsende Lücke

Laut Branchenangaben fehlen in der Gastronomie und im Tourismus bis zu 35.000 Arbeitskräfte. Laut AMS und aktuellsten April-Daten sind es 15.555. Demnach hat sich die Lücke binnen drei Jahren seit April 2018 fast verdoppelt, damals wurde ein Arbeitskräftemangel von 8.600 Personen gezählt. Die Zahl der unselbstständig in der Branche Beschäftigten blieb mit gut 185.000 bzw. nun gut 188.000 Menschen nahezu gleich.

Kocher verweist auf die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die Abhilfe schaffen soll. Stammsaisonniers von außerhalb der EU, die im Tourismus länger in Österreich gearbeitet haben, sollen künftig eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten können. Möglicherweise eine Lösung für manchen Betrieb. Die strukturellen Herausforderungen würden aber bleiben. Etwa der demografische Wandel und ein damit verbundenes abnehmendes Arbeitskräftepotenzial.

Dazu käme ein Wertewandel bei den Beschäftigten: Damit verbunden eine sinkende Bereitschaft, am Wochenende zu arbeiten. All das würde aber auch andere Branchen treffen, so der Minister – etwa die Pflege. Der Arbeitskräftemangel werde "spürbare Auswirkungen" auf das Wachstumspotenzial haben. (rebu, 24.5.2022)