Die kommende Documenta-Ausgabe in Kassel steht in der Kritik: Ihr Leitungskollektiv Ruangrupa pflege einen zu laschen Umgang mit der umstrittenen Israel-Boykott-Kampagne BDS, meinen manche.

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Kassel – Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Kunstausstellung Documenta in Kassel erneut kritisiert. Diesmal geht es um die Herkunft der zur Ausstellung eingeladenen Künstlerinnen und Künstler. Es sei schwierig, "an einen Zufall zu glauben, wenn kein einziger israelischer Künstler vertreten sein wird", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Zeitung "Die Welt".

"Bei den Gesamtumständen, die wir bei der Documenta sehen, drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass BDS mit seinem Aufruf zum Boykott israelischer Kunst und Kultur bereits wirkt." BDS steht für "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen". Die Bewegung will Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren. Der deutsche Bundestag distanzierte sich 2019 von der BDS-Kampagne. Dieser Beschluss, dem die heutige Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) nicht zugestimmt hatte, wird von zahlreichen Kulturschaffenden kritisiert.

Expertengremium gefordert

Schuster verwies darauf, dass die Documenta weltweit zu den "bedeutendsten Ausstellungen" gehöre und eine große Ausstrahlung habe. Die vom 18. Juni bis 25. September in Kassel zu sehende Documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Präsentation für Gegenwartskunst. Jenseits des von Israel verantworteten Pavillons sind auch bei der Biennale keine Künstlerinnen und Künstler aus Israel im Verzeichnis zu finden.

Zuvor hatte Schuster bereits in einem Brief an Roth den Umgang der Documenta mit Antisemitismusvorwürfen kritisiert. In dem der Deutschen Presseagentur vorliegenden Brief sprach Schuster von einem Expertengremium, das überwachen solle, dass "keine antisemitischen Kunstwerke ausgestellt und kein Antisemitismus und Israel-Hass propagiert werde".

Roth hatte sich bereits gegen Kritik an der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler gewandt. "Die Herkunft allein kann nicht bestimmend sein, was gezeigt wird und was nicht", sagte sie dazu.

Vor wenigen Tagen hatten Roth und Schuster nach einem Treffen festgehalten: "Wir sind uns einig, dass Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Formen keinen Platz in Deutschland und weltweit haben darf, auch nicht auf der Documenta." Der Schutz der Kunstfreiheit, aber auch die Frage ihrer Grenzen müssten "gemeinsam und unter Bezug sowohl auf Deutschland als auch die internationale Dimension" erörtert werden. (APA, 25.5.2022)