Steve Kerrs emotionaler Auftritt ging in sozialen Medien viral.

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Der NBA-Trainer haute mehrmals mit der Faust auf den Tisch.

Steve Kerr setzte sich ans Mikrofon, über Basketball wollte der Trainer der Golden State Warriors aber nicht reden. Seine Mannschaft steht kurz vor dem Einzug ins Finale der NBA-Meisterschaft, aber das war für Kerr Nebensache. "Wann tun wir endlich etwas?", sagte der 56-jährige US-Amerikaner mit glasigen Augen, voller Wut über das Massaker an einer Schule in Texas, bei dem ein Amokläufer 19 Kinder und zwei Erwachsene erschossen hat. "Ich habe genug! Ich habe genug davon, hier zu sitzen und den am Boden zerstörten Familien mein Beileid auszusprechen. Ich habe diese Schweigeminuten satt."

Kerr nahm die Pressekonferenz vor Spiel vier der Western-Conference-Finals gegen die Dallas Mavericks zum Anlass für eine Brandrede für strengere Waffengesetze. Das Attentat in einem Supermarkt in Buffalo, wo ein junger, rassistischer Schütze zehn Menschen tötete, ist ebenso noch nicht lange her wie eine Schießerei in einer Kirche in Kalifornien.

Kerr hat als Basketballspieler fünf NBA-Meisterschaften gewonnen. Nach dem Massaker prangerte er die Republikanische Partei an, die ein Gesetzesvorhaben für strengere Waffenkontrollen im US-Senat blockiert, konkret die Regelung H.R.8, die eine Hintergrundüberprüfung von Personen vor dem Waffenkauf vorsieht. "Es gibt aktuell 50 Senatoren, die eine Abstimmung über H.R.8 ablehnen, die das Repräsentantenhaus bereits vor zwei Jahren verabschiedet hat. Es gibt einen Grund, warum sie nicht abstimmen: weil sie an der Macht bleiben wollen."

Kerr richtete sich direkt an den republikanischen Politiker Mitch McConnell: "Wollen Sie Ihre eigene Machtgier über das Leben unserer Kinder, unserer Älteren und unserer Kirchenbesucher stellen? Denn danach sieht es aus."

Kerrs eigene Familiengeschichte ist tragisch – sein Vater wurde 1984 als Präsident der amerikanischen Universität von Beirut von islamischen Extremisten mit zwei Schüssen in den Kopf getötet. Steve Kerr war damals 18 Jahre alt.

"Wir können nicht mehr schweigen und nach einer Schweigeminute wieder unsere Teams anfeuern. Go Dubs, go Mavericks. Aber das machen wir. Während uns eine Gruppe von 50 Senatoren in Geiselhaft nimmt. Und das, obwohl 90 Prozent aller Amerikaner für Hintergrundüberprüfungen vor Waffenkäufen sind. Das ist erbärmlich."

Auch andere NBA-Persönlichkeiten wie LeBron James reagierten mit einer Reihe von Tweets, in denen sie ihre Verzweiflung und Fassungslosigkeit zum Ausdruck brachten. Ex-US-Präsident Barack Obama äußerte sich ebenso emotional wie die frühere US-Außenministerin Hilary Clinton. (Florian Vetter, 25.5.2022)