Autorin Margaret Atwood tritt mit einem Flammenwerfer selbst den Beweis an: Da brennt nichts.

Foto: Sotheby's / AFP

In Belarus wurde gerade George Orwells Überwachungsdystopie "1984" verboten, doch nicht nur in Diktaturen geht es Büchern an die Einbände. In den USA landen immer wieder Druckwerke am Index. Anfang des Jahres votierte eine Schulbehörde im Bundesstaat Tennesse dafür, die Graphic Novel "Maus" u. a. wegen "grober, anstößiger Sprache" aus den Klassenzimmern zu verbannen. Nicht nur Autor Art Spiegelman zeigte sich darüber irritiert. Ja, das Buch enthalte einige verstörende Bilder, räumte er ein. "Aber wissen Sie was? Es ist auch eine verstörende Geschichte, die es erzählt!" Dass der Comic über den Holocaust 1992 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, spielte für seine Gegner keine Rolle.

Penguin Random House

Solche Fälle haben den amerikanischen PEN-Club und die kanadische Autorin Margaret Atwood aufgerüttelt. Die hatte 1985 in dem Roman "The Handmaid’s Tale" von einem christlich-fundamentalistischen, patriarchalen und diktatorisch regieten Amerika erzählt, in dem Frauen keine Rechte haben. Als "Der Report der Magd" wurde der vielfach prämierte Bestseller ins Deutsche übersetzt, inzwischen wurde er auch als Serie verfilmt. Zugleich wurde er immer wieder verunglimpft: als unchristlich oder wegen vorkommendem Sex. Bis in die 2000er stand das Buch auf der Liste der American Library Association der 100 meistverbannten Bücher des jeweiligen Jahrzehnts.

"Lebenswichtige Geschichten" schützen

Seit dieser Woche kann man eine Sonderausgabe davon bei Sotheby’s ersteigern. Das Besondere: Das Exemplar ist als Kommentar auf die um sich greifende "Zensur" feuerfest. Es soll daran erinnern, dass wir solche kritischen, "lebenswichtigen Geschichten" schützen müssen. Gerade auch die von der neuen "Zensur" oft betroffenen Geschichten über Sexismus, Rassismus und Gender, wie der PEN sich besorgt zeigt.

In einem Video sieht man die Autorin selbst mit einem Flammenwerfer den Beweis antreten: kein Funke springt über! Daraus ergeben sich einerseits ganz profane Überlegungen: Wie wäre es mit eselsohrenfesten Büchern? Solchen, die resistent gegen Kaffeeflecken sind? Andererseits sollte man sich vielleicht sorgen, dass die Aktion nicht nach hinten losgeht. Denn: Papier, das nicht brennt? Hexenwerk!

Der Auktionshammer fällt am 7. Juni. (Michael Wurmitzer, 27.5.2022)