Das Training für Sanitäterinnen und Sanitäter des österreichischen Bundesheers wird von Gudrun Ostermann getestet.

Foto: Andy Urban

Ein bisschen Übung braucht es, dann erwischt man auch mit dem VR-Controller die richtige Position, um beim Patienten Puls messen zu können – beinahe wie im richtigen Leben spürt man dann den Herzschlag. Und genau darauf soll man sich in der virtuellen Trainingsumgebung, die Soma Reality im Auftrag des österreichischen Bundesheers entwickelt hat, vorbereiten.

Konkret geht es um Schulungen für Sanitäterinnen und Sanitäter des Bundesheers. Unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden können so geübt werden. Nach dem Training wird sofort und Standardisiert Feedback gegeben.

Gleiche Bewertung

Laut Adrian Brodesser, Mitbegründer von Soma Reality, einer der Vorteile, der virtuelle Lernwelten auszeichnet. Denn in der virtuellen Realität würden alle Teilnehmenden nach denselben Maßstäben und Parametern bewertet, so könne besser aus den eigenen sowie den Fehlern der anderen gelernt werden. Für jemanden, der sich zum ersten Mal in die virtuelle Welt begibt, birgt das Training auch viele Wow-Momente. Und so muss man sich, bevor die eigentliche Übung losgeht, erst einmal mit der neuen Umgebung sowie den Tools der Virtual Reality vertraut machen. "Mit diesen Trainings werden Jüngere angesprochen, aber auch ältere Personen haben Spaß an dieser Art der Weiterbildung", sagt Brodesser.

Nach dem ersten Zurechtfinden hinter der virtuellen Brille geht es gleich zur Übung. Der erste Auftrag für die Sanitäter kommt herein. "Patient, Mitte 50, männlich, im Büro zusammengebrochen. Ein Kollege vor Ort gab an, dass der Patient über zunehmende Atemnot und Sehstörungen klagt. Danach muss es schnell gehen: Das erforderliche Equipment auswählen, und schon ist man beim Patienten und kann mit der Untersuchung beginnen. Sich von einem Ort zum anderen mittels Knopfdruck zu beamen funktioniere zwar nur im virtuellen Raum, soweit es die technischen Möglichkeiten zulassen, aber auch hinter der virtuelle Brille soll die Umgebung so real wie möglich sein.

Mit dem Ausfüllen des Patientenformulars endet das Training, und man bekommt sofort seine Bewertung und sieht, auf welche Schritte vergessen wurde oder welche im Ablauf zum falschen Zeitpunkt durchgeführt wurden.

Die Haptik fehlt noch

"Es gibt kaum eine Branche, wo nicht mit Virtual Reality geübt werden könnte", sagt Brodesser. Bei medizinischen Trainings und Therapien könne in VR geübt werden, Potenzial gebe es dafür aber auch im Bereich der mentalen Gesundheit, oder bei Planung und Inbetriebnahme ganzer Industrieanlagen. Und im Vergleich zu konventionellen Trainings sei VR vor allem bei den Kosten überschaubar. "Es ist ein einmaliges Investment für die Entwicklung der virtuellen Realität. Und eine VR-Brille kostet rund 300 Euro. Darüber hinaus braucht man dafür kein Material."

Überall, wo haptisches Feedback erforderlich sei, stoße VR an Grenzen. Eine Herz-Druck-Massage könne beispielsweise derzeit noch nicht sinnvoll in VR geübt werden, dafür brauche es nach wie vor Puppentraining. In zwei, drei Jahren werde aber auch hier die Entwicklung weiter fortgeschritten sein, erwartet Brodesser. (Gudrun Ostermann, 1.6.2022)