Aktivistinnen besetzten am Mittwoch erneut die Stadtstraßen-Baustelle. Nach wenigen Stunden wurde der Protest geräumt.

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Der Zeitpunkt war kein zufälliger und gewiss kein günstiger: Nur wenige Tage bevor der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig sich am Samstag von seinen Genossinnen und Genossen erneut zum lokalen SPÖ-Chef wählen lässt, haben Aktivistinnen und Aktivisten zum wiederholten Mal die Stadtstraßenbaustelle besetzt. Nur wenige Tage bevor die Rathauspartei einen Leitantrag beschließen will, der ein klares Bekenntnis zu der umstrittenen Nordostumfahrung beinhaltet, wurde der Protest auch sofort wieder geräumt.

Im Vorfeld des SPÖ-Landesparteitags geben sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten – zumindest nach außen – geeint. Doch gerade der Themenkomplex Lobautunnel, Stadtstraße, Nordostumfahrung ist nicht nur zwischen Ludwig und den Umweltschützerinnen ein Streitfall – auch innerparteilich gibt es Abweichler: Die eigene Jugend sowie die Alsergrunder SPÖ fordern eine Absage des Straßenbauprojekts.

Und die Räumung des neuerlichen Protests wird nicht ganz ohne Folgen an der Bürgermeisterpartei vorübergehen. Ludwig hat es in den Krisen der vergangenen Jahre, vor allem der Corona-Pandemie, erfolgreich geschafft, sich als souveräner Politiker zu präsentieren. Bei den Klimaschützern lässt er diese Souveränität vermissen. Immer noch.

Die erneute Besetzung hat jedenfalls bereits gezeigt: So leicht lassen sich die Klimaschützer nicht einschüchtern. So schnell reißt der Protest nicht ab. Die Umweltschützerinnen haben einen langen Atem bewiesen. Die Stadt muss endlich einen besseren Umgang mit ihnen finden. Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihr und den Besetzenden kann nicht ewig so weitergehen. Sonst wird auch Ludwig nicht unbeschadet aus dem Konflikt hervorgehen. (Oona Kroisleitner, 25.5.2022)