Simulationsforscher Niki Popper, Raiffeisen-Personalchefin Elke Berger, Porr-Personalchefin Martina Auer-Klass und FACC-Personalchef Georg Horacek diskutieren im Vorfeld ihres Personalkongresses digital im STANDARD.

Foto: Der Standard

Personalexperten sind derzeit ausgesprochen gesprächig. Kein Wunder – wir stehen mitten in einem großen Umbruch in der Arbeitswelt, viele für Unternehmen teilweise existenzielle Themen sollten von den Personalverantwortlichen gelöst werden. Nur: Wenn es nur so einfach wäre mit schnellen klaren Antworten auf den Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, mit den neuen Wünschen nach Flexibilität und der Erschaffung einer neuen Organisationskultur voller Loyalität und Solidarität, die alles erlaubt. Vom Präsenzdienst in der Produktion bis zur maximalen Wahlfreiheit für Büromenschen.

Georg Horacek, Personalchef beim Zulieferer für die Aerospace-Industrie FACC und Präsident der Personalvereinigung ÖPWZ Forum Personal, sagt, Personalverantwortliche hätten derzeit viel zu "raufen" und zu "kämpfen": "Rigide" Arbeitszeitgesetze würgten die Flexibilität, Führungskräfte seien vielfach noch nicht in den Erfordernissen der neuen Arbeitswelt angekommen, dazu ein großer Aufwand bei individuellen Arbeitszeitmodellen, der Digitalisierung, der Weiterentwicklung der eigenen Abteilung, und schließlich "haben wir an vielen Plätzen zu kämpfen, um Mitarbeiter zu kriegen und zu halten". "Aber", fragt Horacek, "hat sich wirklich so viel verändert? Früher haben wir um Harvard-Absolventen gekämpft, jetzt kämpfen wir um alle."

Verschiedene Lebensmodelle

Statt darum, "alles anders" zu machen, gehe es vielmehr darum, Antworten auf verschiedene Lebensmodelle zu finden – nicht für jedes einzelne, aber möglichst viele verschiedene Angebote zu machen, so Elke Berger, Leiterin Personal in der Raiffeisenlandesbank NÖ/Wien. Was alle Menschen eine: der Wunsch nach Wertschätzung. "Wachsen zu können, und das nicht unbedingt nur fachlich."

"Menschen wollen als Individuen gesehen werden", stimmt Martina Auer-Klass, für das Personal beim Baukonzern Porr verantwortlich, zu. Was sie pauschal nicht bestätigen kann: dass "alle weniger arbeiten wollen". Aber: Es passe eben nicht mehr alles für alle.
Niki Popper, Simulationsforscher an der TU Wien, der durch verschiedene Fachfunktionen im Rahmen der Covid-Maßnahmengremien bekannt wurde, hört gut zu und bestätigt das Gesagte mit "Wellen, die wir auch in unseren Systemen wiederfinden". Aber, so Popper: "Sind die Wünsche und Ansprüche nicht eine Frage der Ausbildung und des Jobs?"

Ja und Nein, antwortet Elke Berger, die viele Jahre Personalmanagerin in der Hotellerie war. Es gehe zuallererst immer um gefühlte Fairness. Das sei wohl eine schwierige individuelle Frage, daher habe das Unternehmen Fairness zu definieren. "In der Hotellerie hat Wertschätzung den höchsten Stellenwert."

Wertschätzung ausdrücken

Auer-Klass ergänzt, dass es wohl recht simpel wäre: Man zahle (wenn man es sich theoretisch leisten könnte) allen mehr, und alle seien für immer glücklich. So einfach klappe das nicht. Man brauche schon ein ganzes Potpourri, um Wertschätzung auszudrücken. "Ohne Anerkennung funktioniert alles andere nicht nachhaltig." Personalfachleute müssten verstehen, was für die und den Einzelnen Wertschätzung bedeute.

Zu diesem Thema will sich die Runde nicht missverstanden fühlen inmitten der anschwellenden Teuerung: "150 Euro mehr im Monat ist allerdings für viele Leute relevant", so Horacek. Ein Wettbewerb der Anreize sei allerdings im Gange – bis zu Zusatzurlaub und diverser Geschenke. "Wir werden da alle mitspielen müssen, es lizitiert sich gerade hoch." Es fehlten nun einmal zunehmend Arbeitskräfte.

Popper, realistisch: "Wir haben den Anspruch, dass alles besser und schöner werden muss. Aber die Herausforderungen werden gewaltig steigen." (Karin Bauer, 28.5.2022)