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PRO: Fahrgastströme leiten

von Guido Gluschitsch

Bei der ÖBB denkt man über die Einführung einer Reservierungspflicht für Fernreisezüge nach – und das regt auf. Doch anders wird es wohl gar nicht gehen, denn das Verständnis dafür, dass man als Besitzerin oder Besitzer eines gültigen Tickets des Zuges verwiesen wird, ist noch viel geringer. Und auf die Schnelle wird die ÖBB ihre Hausaufgaben, die zur Entspannung der Lage beitragen könnten, nicht erledigen.

Bis neues Rollmaterial kommt, dauert es. Zusätzliche Wagen anhängen geht nicht, schon allein deswegen, weil diese dann im Bahnhof keinen Bahnsteig mehr haben würden. Kommt hinzu, dass ein Zugticket in Österreich – mit Ausnahme der Sparschiene – für eine Strecke und nicht für einen bestimmten Zug gilt. Die ÖBB tut sich folglich immens schwer damit, Fahrgastströme zu leiten. Das Klimaticket hat dieses Problem nur weiter verschärft.

Eine Lösung kann also sein, die Fahrgäste rechtzeitig aufzufordern, bekanntzugeben, mit welchem Zug sie reisen wollen. Eine Gebühr von drei Euro dafür einzuheben ist nicht mehr als eine Möglichkeit, Bahnkunden davon abzuhalten, gleich in mehreren aufeinanderfolgenden Zügen Plätze nur zur Sicherheit zu reservieren. Sanieren wird sich die mit Steuergeld gestützte ÖBB durch diese Einnahmen sicher nicht.

Zudem soll die Reservierungspflicht nur Fernzüge betreffen. Lange Reisen plant man für gewöhnlich vor. Wenn nicht, dann sollte man zumindest ein wenig flexibel sein. (Guido Gluschitsch, 25.5.2022)

KONTRA: Hausaufgaben machen

von Pia Kruckenhauser

Menschen, die des Zuges verwiesen werden, weil die Fahrgastkapazität überschritten ist – eine Aktion, die zu Recht die Gemüter erhitzt. Noch dazu, da das Thema kein neues ist. Das Argument, dass das Passagieraufkommen durch das Klimaticket nicht planbar ist, steht im Raum. Doch das ist schlicht Blödsinn.

Denn alle, die öfter mit dem Zug verreisen, wissen: Platzmangel zu gewissen Stoßzeiten und rund um jene Feiertage, die man gerne im Familienkreis feiert oder die zum Kurzurlaub einladen, gibt es seit vielen Jahren. Das Klimaticket mag dieses Problem jetzt noch dezent verschlimmern. Aber die ÖBB weiß seit langem, wann Stoßzeiten sind und welche Züge auf welchen Strecken üblicherweise überfüllt sind. Das sind nicht immens viele – es muss planbar sein, hier so viele Extragarnituren einzuschieben, dass das Mehr an Passagieren transportiert werden kann.

Eine Reservierungspflicht ist dabei nicht völlig absurd, die gibt es in mehreren Ländern. Doch es ist nicht einzusehen, dass man für einen Sitzplatz, dessen Nutzung man mit dem Kauf eines Tickets bereits bezahlt hat, extra ablegen muss. Eine Platzreservierung muss inkludiert sein. Entscheidet man sich dann um, nun gut, dann ist es wirklich Eigenverantwortung. Aber es ist an der Zeit, dass die ÖBB ihre Hausaufgaben macht und dieses lang bestehende Problem endlich löst – anstatt es auf die Schultern ihrer Fahrgäste abzuwälzen. (Pia Kruckenhauser, 25.5.2022)