Deutsch forderte ÖVP-Obmann Nehammer auf, "die volle Summe von 1.915.194,14 Euro zurückzubezahlen".

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Wien/Linz/Innsbruck – Die Opposition lässt in der Affäre um den oberösterreichischen ÖVP-Seniorenbund, der aus dem "Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds" fast zwei Millionen Euro Corona-Hilfen kassiert hat, nicht locker. Die SPÖ sagte das Gegenargument der ÖVP würde "wie ein Kartenhaus zusammenbrechen". Unterdessen wurde bekannt, dass auch ein ausgelagerter Verein des Tiroler Seniorenbundes Geld bekam, nämlich rund 180.000 Euro.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch witterte am Donnerstag in einer Aussendung "eine Sauerei" und verwies auf eine Entscheidung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS). Der UPTS habe schon 2018 entschieden, dass nach dem Parteiengesetz keine Differenzierung zwischen dem Verein "Seniorenbund" und der ÖVP-Teilorganisation "Seniorenbund" vorzunehmen sei, da "die beiden Organisationen inhaltlich eine Einheit bilden". Neben der "vollständigen Aufklärung dieses Förder-Skandals" forderte er ÖVP-Obmann Nehammer auf, "die volle Summe von 1.915.194,14 Euro zurückzubezahlen".

Kogler will Rückforderung prüfen

Der entsprechende Bescheid sei, so Deutsch, vom UPTS am 14. Dezember 2018 an die ÖVP-Bundespartei – "zu Handen Herrn Generalsekretär Abgeordneter zum Nationalrat Karl Nehammer, MSc" – übermittelt und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. "Warum der Seniorenbund trotzdem vom Juli 2020 bis März 2022 knapp zwei Millionen Euro aus dem Non-Profit-Organisationen-Fördertopf (NPO-Fördertopf) erhalten hat, obwohl Parteiorganisationen ausgeschlossen sind, müssen Nehammer und Kogler beantworten – und zwar rasch", so Deutsch.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat bereits angekündigt, eventuelle Rückforderungen zu prüfen – und zwar über den Anlassfall hinaus. Die Prüfung laufe seit einer Woche und solle natürlich schnellstmöglich abgeschlossen werden, hieß es in Koglers Ressort. Der Zeitpunkt der Fertigstellung hänge auch davon ab, wie schnell die geprüften Organisationen die angeforderten Unterlagen und Auskünfte liefern. Außerdem müsse eine umfassende und sorgfältige juristische Beurteilung Basis der Entscheidung über mögliche Rückforderungen sein.

Auch die Neos halten die Argumentation, der "Verein OÖ Seniorenbund" sei nicht ident mit der ÖVP-Teilorganisation Seniorenbund, für "hanebüchen", wie der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak sagte. Er kündigte eine weitere parlamentarische Anfrage an, um herauszufinden, ob in den anderen acht Bundesländern Ähnliches passiert ist.

TT: Förderanträge in mehreren Bundesländern

In Tirol ist dies offenbar der Fall gewesen. Wie in anderen Ländern habe der Tiroler Seniorenbund seine operative Tätigkeit in einen, von der Partei "entkoppelten", Verein ausgelagert, erklärte Seniorenbund-Landesobfrau und ÖVP-Landtagsabgeordnete Patrizia Zoller-Frischauf der "Tiroler Tageszeitung". Nur der Verein habe eine Covid-Förderung bekommen – und zwar exakt 184.764,49 Euro.

Zoller-Frischauf begründet den Antrag beim NPO-Fonds mit dem Ausfall sonstiger Einnahmen durch Pandemie und Lockdowns. Gleichzeitig habe der Seniorenbund in Tirol seine sieben Mitarbeiter halten wollen. Diese seien mit vielen Anfragen der Mitglieder zu Corona und den Folgen auch sehr beschäftigt gewesen. Man habe sogar eine eigene Serviceausgabe der Mitgliederzeitung herausgebracht. "Das ist alles nachvollziehbar", meinte die frühere Wirtschaftslandesrätin. Zudem verwies Zoller-Frischauf wie ihr Kollege aus Oberösterreich auf ein Schreiben aus dem Generalsekretariat des Sozialministerium aus dem Juli 2020, wonach das Ministerium dem Seniorenrat (in dem auch der Seniorenbund vertreten ist) empfohlen habe, Einnahmenausfälle in der Corona-Krise über den NPO-Fonds abzufedern. Laut "TT" soll der Seniorenbund jedenfalls in mehreren Bundesländern Anträge auf Förderungen eingereicht haben.

Neos-Politiker Scherak forderte indes Vizekanzler Kogler zum Handeln auf. "Der Vizekanzler, der laut Medienberichten nun selbst Zweifel hat, ob die Förderungen an den Seniorenbund rechtmäßig waren, hat sich diese Daten aber sicher schon besorgt und sollte sie daher bereits jetzt, nicht erst in zwei Monaten, offenlegen. Schließlich handelt es sich hier um Steuergeld, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben also ein Recht darauf, rasch zu erfahren, ob es auch im restlichen Österreich Anhaltspunkte gibt, dass Fördergeld an Teilorganisationen einer Partei geflossen ist", sagte Scherak. Er sagte auch, dass die ÖVP lernen müsse, dass "die Republik kein Selbstbedienungsladen ist."

Auch gegen FPÖ Vorwürfe

Auch die FPÖ meldete sich zu Wort. "Entweder ist die ÖVP dermaßen pleite, dass sie sich auf allen nur erdenklichen Wegen Geld beschaffen muss, oder sie kann den Hals einfach nicht voll genug bekommen. Diese Partei mit ihren Proponenten kratzt bereits am Mafiaparagraphen und sollte dementsprechend untersucht werden, da wird ein Untersuchungsausschuss nicht mehr reichen", so Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung.

Allerdings gibt es auch Vorwürfe gegen die FPÖ, und zwar vom Neos-Jugendverband Junos. In Oberösterreich hätten sich auch die Junge ÖVP und der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) beim NPO-Unterstützungsfonds bedient, sagte Bundesvorsitzende Anna Stürgkh in einer Aussendung. Sie verlangte Offenlegungen der Jugendorganisationen, und zwar in allen Bundesländern. Selber sei man bei den Finanzen komplett transparent, so die Junos-Chefin. (APA, red, 26.5.2022)