Auch die Strompreise sind zuletzt kräftig gestiegen. Österreichs größter Stromerzeuger profitiert davon in hohem Maß.

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Satte 1,2 Milliarden Euro wird der Verbund für das Geschäftsjahr 2022 wohl ausschütten. Davon 400 Millionen "Sonderdividende". Dazu gewährt der teilstaatliche Energieversorger seinen Bestandskunden eine Gutschrift über zwei Monatsrechnungen – bei einkommensschwachen Haushalten fällt sie doppelt so hoch aus. Dafür gab es Lob von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Der Verbund nehme seine Verantwortung in schwierigen Zeiten "sehr ernst", so der Kanzler in einer Aussendung: "Die Sonderdividende ist ein klares Signal dafür, dass das Unternehmen von ‚windfall profits‘ nicht selbst profitieren will, sondern über das Entlastungspaket und die Sonderdividende dieses Geld wieder zurück zu den Menschen fließen kann."

Keine Rede mehr von der Idee einer Gewinnabschöpfung für Energiekonzerne, mit der Nehammer ein kleines Beben an der Börse ausgelöst hat. Bis auf weiteres. Auch Experten werten den Schritt positiv. Die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Sondersteuer auf die Verbund-Gewinne sei deutlich gesunken, kommentierten die Analysten der Deutschen Bank und hoben flugs ihr Kursziel an. Sie sehen es wie der Kanzler: Die Sonderdividende könnte in Hilfen für stark von der Energiekrise betroffene Verbraucher fließen. Und das, "ohne das Anlegersentiment durch eine Sondersteuer zu belasten".

Teuren Strom einkaufen

Für manche Landesenergieversorger ist das ein zweischneidiges Schwert. Denn neben dem Staat erfreut die Ausschüttung auch Aktionäre wie die Wiener Stadtwerke oder die EVN. Gleichzeitig müssen die Landesenergieversorger (je weniger eigene Kraftwerke sie haben) Strom zum derzeit vergleichsweise hohen Marktpreis von mehr als 200 Euro je Megawattstunde vom Verbund kaufen. Dieser produziert in seinen Wasserkraftwerken den Strom dank vieler abgeschriebener Kraftwerke deutlich unter dem Marktpreis, wie Kritiker wiederholt anmerkten: Im Vorjahr hat der Verbund 55 Euro pro Megawattstunde erhalten, derzeit sind es um 145 Euro mehr. Das sorgt für klingende Kassen beim Stromkonzern – und auch Unmut bei den Landesversorgern.

"Wenn uns der Verbund einen Sonderrabatt auf unsere Einkäufe gewährt, dann können wir den gerne an die Kunden weitergeben. Wir müssen 80 Prozent unseres Stromes bei ihm kaufen", sagt etwa EVN-Chef Stefan Szyszkowitz in der Kronen Zeitung. Salzburg-AG-Chef Leo Schitter macht dort den Vorschlag, die Umsatzsteuer auf Strom temporär zu senken, "das würde allen Österreichern rasch helfen und einkommensschwache Haushalte entlasten", argumentiert er.

Die Anleger honorieren derweil die in Aussicht gestellte Sonderdividende beim Verbund. Die Anteilsscheine setzen an der Wiener Börse auch am Donnerstag ihren Höhenflug fort.(Regina Bruckner, 26.5.2022)