Steve Kerr.

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Stephen Douglas "Steve" Kerr ist es gewohnt, die Dinge im Griff zu haben. Anders hätte es der in Beirut geborene US-Sportstar nicht zu einem der erfolgreichsten Trainer in der NBA, der besten Basketballliga der Welt, gebracht. Am vergangenen Dienstag rang Kerr darum, sich selbst im Griff zu behalten angesichts seiner ohnmächtigen Wut. Eigentlich hätte der 56-Jährige bei einer Pressekonferenz Rede und Antwort stehen sollen zum bevorstehenden Playoff-Spiel seiner aus Kalifornien nach Texas angereisten Golden State Warriors bei den Dallas Mavericks. Doch Kerr wollte wenige Stunden nach dem Massaker in der Robb Elementary School in Uvalde nicht über Basketball reden. "Wann werden wir etwas dagegen tun?", brach es während eines denkwürdigen, rund zweieinhalbminütigen Monologs aus Kerr heraus. "Schluss damit", schrie der Erfolgstrainer und schlug mit der Faust auf sein Pult.

Der dreifache Vater prangerte unter Tränen der Wut über die Flut sogenannter Mass-Shootings in den USA jene 50 Senatoren an, die eine Regelung zu Hintergrundüberprüfungen von Waffenkäufern blockieren. Nur um ihrer Macht willen hielten sie das Land in Geiselhaft, sagte Kerr, ehe er aufstand und ging.

Eine Stimme

Kerrs Wut wird die Menschen im Land mehr beeindruckt haben als die wohlfeilen "thoughts and prayers", die Taten wie in Uvalde zu folgen pflegen. Der Sohn des einst an der Amerikanischen Universität Beirut lehrenden Politologen Malcolm Kerr, der 1984 einem Schussattentat zum Opfer fiel, war Basketballweltmeister, ehe er trotz seiner bescheidenen Statur (1,85 Meter) in der NBA Fuß fassen konnte. Der Point Guard glänzte durch seine Treffsicherheit aus großer Entfernung. Bis heute hält er mit 45,4 Prozent den Rekord an erfolgreichen Drei-Punkte-Würfen unter jenen Spielern, die mehr als 250 derartige Versuche verwandelten. An der Seite von Stars wie Michael Jordan, mit dem ihn nach einer Trainingshandgreiflichkeit eine enge Freundschaft verbindet, gewann er mit den Chicago Bulls drei Titel. Zwei weitere folgten mit den San Antonio Spurs.

Seit 2014 ist Kerr Headcoach der Golden State Warriors, die er zu bisher drei Titeln führte. Jenen 2018 wollte er nicht bei Präsident Donald Trump feiern. Die Warriors schlugen nicht zuletzt auf das Betreiben Kerrs, der regelmäßig seine Stimme für die Rechte von Frauen und Immigranten sowie gegen Waffengewalt und Rassismus erhebt, die Einladung ins Weiße Haus aus. (Sigi Lützow, 26.5.2022)