Preiswerter tanken ist nur mehr mit dem richtigen Kennzeichen möglich.

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Budapest – Seit heute ist es vorbei mit der billigen Tankfüllung in Ungarn. Der dort niedrig gehaltene Einheitspreis von 480 Forint (1,24 Euro) je Liter gilt nur noch für Einheimische, Ausländer sollen den höheren Marktpreis zahlen. Diese von der Regierung verfügte Regelung ist laut Autofahrerklubs EU-rechtlich nicht haltbar. Auch die praktische Umsetzung ist unklar. "Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass das an der Kassa hinterlegt ist", sagte ARBÖ-Sprecher Sebastian Obrecht zur APA.

An den Zapfsäulen vor Ort sorgt die Verordnung, die erst am Donnerstag kurz vor Mitternacht im ungarischen Amtsblatt erschienen ist, heute jedenfalls für Stress – sowohl bei nicht-ungarischen Autofahrern als auch bei den Angestellten dort. "Wir haben Rückmeldungen von Mitgliedern, dass Österreichern das Tanken überhaupt verwehrt wird in Ungarn", sagte ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexperte Martin Grasslober am Freitag zur APA. Das Kassensystem mache zum Teil nicht mit, das dürfte zu einem praktischen Problem werden. "Uns erreichen Meldungen, dass die Leute weggeschickt werden." Ihm fehle insgesamt "noch ein bisschen die Fantasie, wie man das technisch umsetzen möchte".

Verstoß gegen EU-Recht

Dass die Vorgehensweise gegenüber EU-Ausländern rechtlich voraussichtlich nicht zu halten ist, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. "Grundsätzlich ist es so, dass Ungarn wirklich gegen das EU-Recht verstößt und so ist es sehr schade, dass das passiert", hielt ARBÖ-Sprecher Obrecht fest. Derselben Meinung ist Grasslober: "Man hat eine Preisdiskriminierung als Nicht-Ungar und hat auf jeden Fall das Thema aufgrund des EU-Rechts." Der ÖAMTC habe gleich in der Früh eine Mitgliederanfrage bekommen, ob das überhaupt zulässig sei und ob man dagegen klagen könne.

Doch auch eine Unrechtmäßigkeit ändert nichts an dem momentanen Chaos, das die Regelung Autofahrerberichten zufolge auslöst. Und es dauert Monate bis die Regelung gerichtlich durchleuchtet ist. Die ungarische Verordnung gilt vorerst bis 1. Juli.

Den ungarischen Vorgaben zufolge soll an den Kennzeichen unterschieden werden, welcher Preis zu verrechnen ist. "Schauen wir mal, ob das so wirklich umsetzbar ist", äußerte auch Verkehrsexperte Obrecht seine Zweifel. " Laut Verordnung dürfen Pkw mit ausländischem Kennzeichen nicht mehr zum amtlich festgelegten Preis von 480 Forint für Super-Benzin (Oktanzahl 95) und Diesel betankt werden. Dieser liegt Medienberichten zufolge um durchschnittlich 40 Prozent über dem amtlichen Preis.

Die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban hatte den amtlich festgesetzten Benzinpreis im vergangenen November verfügt. Die Regelung soll bewirken, dass die Autofahrer nicht unter den weltweit steigenden Treibstoffpreisen leiden müssen.

Den Österreichern steht hier keine Erleichterung ins Haus, im Gegenteil: Die ab 1. Juli geltende CO2-Bepreisung wird den Spritpreis hierzulande weiter verteuern. "Einige Länder sind günstiger als Österreich", betonte Obrecht. Spannend werde es, wie sich jetzt beispielsweise der Tanktourismus in Richtung Deutschland entwickle. In dem Nachbarland gilt ab 1. Juni drei Monate lang, also bis 31. August, ein behördlich verfügter "Tankrabatt". Dieser senkt den Preis für Benzin um 30 Cent und jenen für Diesel um 14 Cent je Liter. In Slowenien wiederum ist Benzin bereits seit 11. Mai mit 1,56 Euro je Liter gedeckelt und Diesel mit 1,668 Euro, wie der ARBÖ-Sprecher in Erinnerung rief. Traditionell teuer ist hingegen das Tanken in Italien. "Italien hat schon immer extrem hohe Treibstoffpreise gehabt", so Obrecht.

Mit dem billigem Sprit in Ungarn haben bisher viele Burgenländer ihre Autos betankt. "Bei einem Preisunterschied von 60 bis 70 Cent je Liter hat man sich bei einem 50-Liter-Tank 30 bis 40 Euro pro Tankfüllung erspart", rechnete der ARBÖ-Sprecher vor. "Da zahlt sich ein Umweg von 20 bis 30 Kilometern, vielleicht kombiniert mit einem Einkauf oder einem Zahnarztbesuch, aus." Vom "Tankrabatt" in Deutschland werden hingegen die westlichen Bundesländer in Österreich profitieren. (APA, 27.5.2022)