Zugegeben, "Hallo, wie geht's denn so?" ist wahrlich nicht so ikonisch wie das originale "Hello there". Doch die Leuchtkraft des Charakters Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) geht über sein Meme-Potenzial hinaus. Sei es wegen seines Sieges im Kampf gegen Darth Maul am Ende des ersten Teils. Sei es wegen des berühmten Satzes "If you strike me down, I shall become more powerful than you can possibly imagine" samt wunderbarem Verschwinde-Trick im vierten Film. Sei es wegen des High Grounds am Ende des dritten. Fans mussten lange auf seine Rückkehr warten. Nun ist Obi-Wan endlich wieder da, mit seiner eigenen Serie.

Obi-Wan war lange im Exil – nun muss er raus, um alten Freunden zu helfen.
Foto: Disney Plus

Seit den Ereignissen des dritten Teils, Die Rache der Sith, sind zehn Jahre vergangen. Die Order 66 war erfolgreich, trotzdem gibt es einige Jedi, die den Blasterschüssen der vorher noch freundlich gesinnten Sturmtruppen entflohen sind. Nun treiben die Inquisitoren und ihre Brüder und Schwestern durch die Galaxis, um auch die letzten Jedi zu vernichten – ihre Kollegen, quasi, immerhin besteht die Inquisition zum Großteil aus ehemaligen Jedi.

Dass Obi-Wan, beziehungsweise Ben, wie er sich nun selber nennt, auch mal einer von ihnen war, das beweist nicht mehr viel. Er lebt auf Tatooine, dort, wo er am Anfang des vierten Teils das erste Mal auftaucht, in einer Höhle und arbeitet als einfacher Mann an der Verarbeitung eines riesigen Dünenfischs. Sein Lichtschwert hat er im Sand vergraben.

"Die Zeit der Jedi ist vorbei"

Denn die Inquisition ist auch auf Tatooine vertreten. Offiziell nicht für Ben, denn sie suchen einen anderen Jedi. Als dieser Ben um Hilfe bittet, zeigt sich, wie gebrochen Kenobi seit seiner gefühlten Niederlage auf Mustafar ist. Nachts wird er von Albträumen seiner Vergangenheit geplagt. "Wir haben verloren. Die Zeit der Jedi ist vorbei", sagt er und verweigert ihm jegliche Unterstützung. Wenig später findet Ben den Hilfesuchenden wieder – aufgehängt mitten auf dem Marktplatz.

Parallel dazu werden Luke und Leia als Kinder gezeigt. Ben ist ja auf Tatooine, um auf den kleinen Luke aufzupassen. Das passt Onkel Owen (Joel Edgerton) gar nicht. Kein Wunder in dieser Zeit, denn jede Verbindung zu einem Jedi ist gefährlich. Doch Ben nimmt seine Aufgabe ernst und hat ein waches Auge auf den Jungen.

Die Inquisition (hier verkörpert von Rupert Friend) macht Jagd auf die verbleibenden Jedi.
Foto: Disney Plus

Leia hingegen wächst wohlbehütet auf Alderaan auf. Als Adoptivkind von Bail und Breha Antilles Organa (Jimmy Smits und Simone Kessell) muss sie sich mit langweiligen Cocktailpartys und frechen Cousins rumschlagen, wobei sie doch viel lieber mit ihrem Käferroboter Lola im Wald rumturnt und Raumschiffe beobachtet. Vor allem die Szenen mit der kleinen Leia und ihrer Familie sind herzerwärmend.

Und sie sind der Auslöser für den Plot, der gegen Mitte der ersten Folge dann mal ins Rollen kommt. Leia wird auf Alderaan entführt. Die Organas machen sich große Sorgen und kontaktierten Obi-Wan in seiner Höhle. "Ich bin nicht der, der ich einmal war", sagt er. Doch schlussendlich entscheidet er sich doch dafür, der Spur von Leias Entführern nachzugehen. Dass es dabei nie um die Prinzessin ging, bemerkt er nicht.

Die Jedi jagen sich selbst

Die Zeit, in der Obi-Wan Kenobi spielt, ist eine der spannendsten im ganzen Star-Wars-Universum. Wie schon das Videospiel Star Wars Jedi: Fallen Order erzählt die Obi-Wan-Serie, wie es zu dem Fall der Republik und Aufstieg des Imperiums kommen konnte. Wie die übermächtig scheinenden Jedi fallen konnten. Wie sie nun im Exil leben und der Macht abgeschworen haben – um sich und die Menschen um sie herum zu schützen.

Doch das ist leichter gesagt als getan. Reva (Moses Ingram), eine der Schwestern der Inquisition, die besessen davon ist, Kenobi zu finden, bringt es auf den Punkt: "Die Jedi jagen sich selbst." Damit ist gemeint, dass der Jedi-Kodex unterlassene Hilfeleistung, wie sie Obi-Wan dem fremden Jedi gegenüber erbracht hat, verbietet. Das nutzt die Inquisition, um die Lichtschwertschwinger aus ihren Verstecken zu locken – und auch Obi-Wan.

Die Frage aller Fragen: Wann kommt Vader?
Foto: Disney Plus

Visuell ist das sehr beeindruckend, aber nichts, was man nicht auch so erwartet hätte. Die Einstiegsszene, in der die Sturmtruppen während der Order 66 den Jedi-Tempel "säubern" und die verbleibenden Jedi sie davon abhalten wollen, macht Lust auf mehr stylisch-choreografierte Lichtschwertkämpfe.

Kommt ein "Hello there"?

Ewan McGregor, aber das mag eine subjektive Sichtweise sein, passt besser denn je zu seiner Rolle als Obi-Wan. Zehn Jahre lang war er im Exil, dementsprechend verlottert, mit langen Haaren und Bart, sieht er aus. Seine Fähigkeiten im Kampf haben stark nachgelassen, schlitzohrig und gedankenschnell ist er aber immer noch. Wann er das letzte Mal ein Lichtschwert in der Hand gehabt hat? Das weiß er wahrscheinlich nicht einmal mehr selber.

Die ersten beiden Folgen von Obi-Wan Kenobi machen definitiv Lust auf mehr. Wird Ben Leia retten können? Wird er zu alter Stärke zurückfinden? Und wann kommt es zum Aufeinandertreffen mit Darth Vader, das spätestens seit den sehr präsenten Auftritten von Hayden Christensen während der Media Days und Premieren nur noch eine Frage der Zeit ist? Zudem darf viel Fan-Service erwartet werden. Ein "Hello there" sollte sich auf jeden Fall ausgehen. (Thorben Pollerhof, 27.5.2022)