"Dunkelbraun im Abgang": Klien über den Wein, der nach Fritz Zweigelt benannt ist.

Foto: Screenshot ORF 1 Gute Nacht Österreich

Einmal bleibt Peter Klien bei der Weinmesse Vie Vinum vor Staunen der Mund offen – und das nicht wegen eines Kostschlucks: Eine Besucherin mit markantem Mickey-Mouse-Sakko aus den USA findet es gut, eine Weinsorte "nach einem Nazi zu benennen", wie sie Klien fragte. "Yes, people want history, they want knowledge. Why not?", macht sie den "Gute Nacht Österreich"-Satiriker in der Hofburg staunen.

Da staunt der Satiriker auf der Weinmesse.
Foto: ORF Gute Nacht Österreich Screenshot

Bei Österreichs Weinvermarktern erntet Klien in der Folge am Freitagabend eher betretene Gesichter. Nein, wird etwa auf die Frage gemurmelt: "Würden Sie einen Wein trinken, der Blitzkrieg heißt?"

"Zweifelt – Nein zum Nazi-Wein"

Das Etikett "Zweifelt – Nein zum Nazi-Wein" bringt Klien zur Weinmesse mit und überredet einen Weinunternehmer zum Überkleben einer Flasche, der gerade noch gegen eine Umbenennung war, wo man doch so viel in Marketing für Zweigelt investiert habe. Die ursprüngliche Bezeichnung Rotburger für den von Fritz Zweigelt mit einer Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch kreierte Rebsorte wäre eine Möglichkeit. Ein Winzer pflichtet ihm bei.

In "Gute Nacht Österreich" erinnerte Klien Freitagnacht an Zweigelts frühe Begeisterung für die Nationalsozialisten, freudige Kommentare über den sogenannten "Anschluss Österreichs" 1938 und an sein Vorgehen gegen 40 andersdenkende und von der NS-Idelologie verfolgte Mitarbeiter der Schule sowie Schüler, als er mit der Leitung der Weinbauschule Klosterneuburg betraut wurde. "Jetzt gehe ich auf Menschenjagd", zitiert ihn Klien. Bis 1945 sei Zweigelt als fanatischer Nationalsozialist aufgetreten, nach Kriegsende verhaftet worden, nach sechs Monaten entlassen und in Ruhestand versetzt. Klien: "Für einen beruflichen Neuanfang hätte er als Nazi wohl in die Politik gehen müssen."

Man könne "davon ausgehen, dass er sein Leben lang ein Weinkellernazi gewesen ist", eine Distanzierung sei nicht bekannt.

Rathausplatz und Hitlerplatz

Von der Österreichischen Weinmarketinggesellschaft habe er ein von ihr initiiertes Buch mit einem "durchaus kritischen" Artikel zu Fritz Zweigelt von 2019 bekommen, dazu Infos, datiert mit 2020, wonach eine Kommission von Zeithistorikern eine Umbenennung nicht empfohlen habe.

Ihre Schlüsse seien aber nicht veröffentlicht, erklärt Klien. Und zitiert daraus:

"Ein verzerrtes Bild der historischen Geschehnisse wäre das Ergebnis, da die Züchtungsleistung Zweigelts durch eine Umbenennung nicht rückgängig gemacht werden könne." Und: "Eine Umbenennung trage nicht zur notwendigen Aufarbeitung des problematischen Werdegangs Zweigelts bei, sondern beende diese (…) abrupt wieder."

Klien: " So gesehen sollte der Rooseveltplatz bei der Votivkirche in Wien auch weiter Hermann-Göring-Platz heißen. Und der Rathausplatz auch weiter Hitlerplatz." (Harald Fidler, 28.5.2022)