Da wäre etwa Oleg Deripaska. Der russische Aluminium-Mogul und Putin-Intimus besitzt in Österreich Luxushotels, Immobilien und Unternehmensanteile. Sogar eine Kirche ließ Deripaska vor einigen Jahren in Niederösterreich errichten, zum Gedenken an seinen dort im Weltkrieg gefallenen Großvater.

Oder Andrij und Serhij Kljujew. Das Brüderpaar aus der Ostukraine, Vertraute des gestürzten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, betrieb von Wien aus lange Zeit sein Firmenimperium aus Fabriken, Banken und Immobilienunternehmen – und eine Villa im Wienerwald besaßen sie obendrein.

Man könnte diese Liste noch lange fortsetzen. Elena Baturina, eine Zeitlang die reichste Frau Russlands, hat eine Schwäche für Luxushotels und -wohnsitze in Tirol. Igor Schuwalow, ehemals russischer Vizepremier, soll über einen Fonds in Liechtenstein eine Villa am Attersee besitzen, die kürzlich von Aktivisten besetzt wurde.

Eine lange Freundschaft endet

Österreich und Russland, das ist die Geschichte einer langen Freundschaft. Österreich galt auch stets als sicherer Hafen für russische (und ukrainische) Oligarchen, als beliebter Standort für deren Unternehmen und private Besitztümer. Bis vor einigen Wochen, als sich alles änderte.

Seit dem 24. Februar 20222, als Russland die Ukraine überfiel, gelten Oligarchen nicht mehr als hochwillkommene Investoren und gutbetuchte Kunden. Sie werden, ganz im Gegenteil, als Unterstützer des Putin-Regimes behördlich verfolgt. Viele solcher oben erwähnten Personen – wie die Kljujew-Brüder, Deripaska oder Schuwalow – stehen heute auf den Sanktionslisten.

Doch wie konkret läuft die Jagd auf die Oligarchen? Und wie erfolgreich ist sie bisher in Österreich? Fest steht: Welche Rolle Österreich wirklich für reiche Russen und deren Kapital spielt, lässt sich kaum quantifizieren. Zwar gilt Wien neben London im Allgemeinen als Hotspot. Doch an Zahlen festmachen lässt sich das kaum – denn ebenjenes Kapital versteckt sich gern hinter internationalen Firmengeflechten und Strohmännern. Nur eine offizielle Zahl deutet darauf hin, dass Österreich für reiche Russen höchst bedeutend sein dürfte: die hohe Summe an russischen Direktinvestitionen in Österreich. Im Jahr 2021 kauften sich russische Wirtschaftstreibende laut Nationalbank hierzulande um 23,5 Milliarden Euro ein, Platz zwei hinter Deutschland.

Egal ob Kunstwerk, ...
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Auto ...
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... oder Yacht – für Behörden ist es oft schwierig, die wahren Eigentümer von Vermögenswerten ausfindig zu machen.
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Heute spüren dem russischen Vermögen im Wesentlichen zwei Behörden nach: die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) und die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die Nachfolgeorganisation des BVT, angesiedelt im Innenministerium. Stößt die DSN auf Unternehmen im Besitz von Oligarchen, dann lässt sie im Firmenbuch einen Sperrvermerk eintragen, sodass der Besitzer nicht mehr über sein Unternehmen verfügen kann. Vermögen auf Konten sperren die Banken, die OeNB überwacht sie dabei.

Aber wie erfolgreich ist Österreich bei all dem? Laut Angaben von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP): äußerst erfolgreich. Österreich habe bisher rund 254 Millionen Euro auf 97 verschiedenen Konten eingefroren, gab das Bundeskanzleramt vergangene Woche bekannt. Den Behörden sei es zudem gelungen, fünf Grundbucheinträge ausfindig zu machen, die dazu gedient haben sollen, Vermögen zu verschleiern. Weiteren Verdachtsfällen werde nachgegangen. Das ist, meint Nehammer stolz, "mit Stand März doppelt so viel, wie Deutschland bisher melden konnte".

Wie gut Österreich damit im Europavergleich wirklich dasteht, lässt sich allerdings kaum sagen. Denn man weiß wenig über die gut versteckten Oligarchenvermögen und deren Bedeutung in einzelnen EU-Staaten. Das fängt schon damit an, dass für nationale Behörden oft nicht klar ist, wie viel russisches Vermögen überhaupt vorhanden ist. Absolute Beträge – so wie Österreichs 254 Millionen – sagen nichts darüber aus, wie viel Prozent des Kapitals tatsächlich eingefroren sind. Zudem verteilt es sich nicht gleichmäßig auf unterschiedliche Staaten.

In der gesamten EU sollen laut EU-Kommission bisher 9,89 Milliarden Euro eingefroren worden sein. Das wäre knapp das Vierzigfache der österreichischen Summe – doch dieser EU-Gesamtbetrag wird von der Kommission nicht nach Staaten aufgeschlüsselt.

Der Vergleich zu Deutschland hinkt

Fest steht jedenfalls: Hinter Nehammers Erfolgsmeldung, dass Österreich im Vergleich zu Deutschland angeblich so viel besser dastehe, steckt auch ein gutes Stück Regierungs-PR. Der Vergleich ist kreativ angelegt: Das Kanzleramt verwendet deutsche Zahlen vom vergangenen März, wohingegen bei den österreichischen Zahlen die aktuellen herangezogen werden. Kein Wunder also, dass Österreich hier gut abschneidet. Würde Nehammer tatsächlich die aktuellen Zahlen der beiden Länder miteinander vergleichen, dann läge Deutschland deutlich in Führung. Allein deshalb, weil Mitte April im Hafen von Hamburg eine Luxusyacht im Wert von rund 500 Millionen Euro konfisziert wurde – mehr als alle Vermögenswerte in Österreich zusammen. Immerhin: Eine solche Yacht wird man in Österreich garantiert nicht finden. (Joseph Gepp, Bettina Pfluger, Jakob Pflügl, 28.5.2022)