Immer höher werden die Zahlen an der Bankomatkasse. Ganz locker sollte man dieses Faktum nicht nehmen.

Foto: APA / dpa / Karman

Besser kann man es kaum auf den Punkt bringen als Franz Schellhorn, Chef des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, kürzlich auf Twitter: "Der Verbund hat das Geschäftsjahr noch nicht einmal annähernd abgeschlossen, verteilt aber schon jetzt den noch nicht erwirtschafteten Gewinn an den Haupteigentümer Staat. Damit der dann Stromgutscheine verteilen kann? Willkommen in Österreich", schrieb Schellhorn leicht sarkastisch.

Zur Erinnerung: Der Verbund kündigte vor kurzem an, er wolle, wohl wegen der gestiegenen Energiepreise, 400 Millionen Euro an Sonderdividende an seine Aktionäre ausschütten. Der größte Aktionär des Verbunds ist bekanntlich der Staat Österreich.

Politik gefragt

Tatsächlich schwankt man zwischen Erstaunen und Ärger, wenn man den Umgang der Regierung mit der galoppierenden Teuerung betrachtet. Energiegutscheine werden verteilt, Arbeitskreise und Kommissionen tagen – aber wirklich Politik betrieben wird eher nicht. Andere europäische Staaten, etwa Portugal, Spanien oder auch Frankreich, sorgen zum Beispiel dafür, dass die Energiepreise gleich gar nicht exorbitant steigen. Auch Ungarn – auf die spezielle, Orban'sche Art. Nun kann man über die Methoden geteilter Meinung sein, nicht aber über das Ergebnis – die Bevölkerung dieser Länder wird einfach nicht so stark zur Kasse gebeten wie die österreichische.

Hierzulande gibt es – im Gegensatz zu Deutschland – weder konkrete Ideen, wie russisches Erdgas, seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine der Preistreiber Nummer eins, eingespart werden soll. Noch hat sich die Regierung auf ein Konzept geeinigt, wie der grassierenden Teuerung längerfristig begegnet werden soll.

Gutscheine nach Gutsherrenart

Schellhorn und sein Team haben kürzlich für das Magazin "Pragmaticus" ausgerechnet, dass der Staat durch die hohe Inflation allein in den kommenden zwei Jahren zwei Milliarden an Extra-Einnahmen einstreifen werde. Man darf gespannt sein, was mit diesem Geld geschehen wird: weitere Almosen für die darbende Bevölkerung, verteilt nach Gutsherrenart? Wie wär's stattdessen mit richtiger Politik? Etwa der Abschaffung der kalten Progression? Dafür braucht es nicht einmal Arbeitskreise – dafür schimmeln bereits genügend Vorschläge in den Schubladen des Finanzministeriums vor sich hin.

Die Neos haben kürzlich verlangt, die Regierung müsse sich mehr anstrengen, um die Bevölkerung vor der grassierenden Inflation zu schützen, ebenso die SPÖ und die FPÖ. Alle drei Parteien haben recht. Die Regierung wirkt ein wenig so, als sei sie vorzeitig in die Sommerferien aufgebrochen. Das könnte ihr im Herbst auf den Kopf fallen, wenn die Menschen aus ihren eigenen Urlauben heimkehren und feststellen, dass sie nun den Gürtel umso enger schnallen müssen. (Petra Stuiber, 29.5.2022)