"V Rising" lässt Spielerinnen und Spieler in die Haut eines Vampirs schlüpfen.

Foto: Stunlock Studios

Weil’s hier vor kurzem Thema im Forum war: Nein, die Auswahl interessanter aktueller Indie-Highlights richtet sich nicht nach den persönlichen Plattformvorlieben des Autors dieser Zeilen, sondern nach den Tatsachen. Der Großteil der Indie-Neuerscheinungen hat sein Debüt auf Windows, Portierungen für Konsolen folgen je nach Größe des Budgets und des Erfolgs dann früher oder später. Die Xbox-Familie hat wegen der nächsten Verwandtschaft meist die Nase vorn, Playstation und Switch haben meist mit den längsten Wartezeiten zu rechnen.

Um diese Ungerechtigkeit der Sachzwänge ein wenig abzumildern, gab es hier vor kurzem einen Blick auf namhafte Indie-Portierungen für die Switch. Wer sozusagen am Puls der Indie-Entwicklung sein will, hat allerdings nach wie vor kaum eine andere Wahl, als sein Windows-Gerät zum Spielerechner zu küren. Der große Vorteil der Indie-Welt dabei: Einen High-End-Games-PC braucht man dafür nur in den wenigsten Fällen, meist genügt sogar ein halbwegs aktueller Arbeitslaptop, um viele interessante Indie-Games spielen zu können.

Oder aber: Geduld haben. Die großen Indie-Erfolge finden irgendwann allesamt ihren Weg auf die anderen Games-Plattformen. Vielleicht auch die folgenden brandaktuellen Tipps. Viel Spaß!

IGN

V Rising

https://playvrising.com/

Windows, Early Access, 19,99 Euro

Dem Erfolg des Indie-Bestsellers Valheim nachzueifern ist nicht leicht, nach Core Keeper schafft es heuer aber schon der zweite Survival-Sandkasten, nur wenige Wochen nach Early-Access-Release hunderttausende Spielerinnen und Spieler zu begeistern: Über eine Million Käufer hat V Rising seit Release Mitte Mai bereits gefunden, und die sind großteils überschwänglich in ihrem Lob für das Vampirspiel. Nicht täuschen lassen: Auch wenn das hier aussieht wie ein Action-Rollenspiel der Marke Diablo & Co, ist V Rising doch eher etwas für Sammler und Aufbauer. Der Kampf kommt aber trotzdem nicht zu kurz.

Als wiedererweckter untoter Blutsauger hat man bald ein mächtiges Arsenal an Fähigkeiten und baut sein Schloss zum Schrecken der nahen Dörfer aus. Allerdings ist man nicht übermächtig: Sonnenlicht bedeutet rasch den Tod, deshalb startet man seine Ausflüge besser nachts, und im Kampf gegen die mächtigen Bossmonster schadet Hilfe von Vampirkollegen nicht. V Rising lässt sich als offenes MMO oder – wie Valheim – auf privatem Server mit geladenen Freunden oder aber auch ganz allein spielen. Absolute Empfehlung für Survival-Rollenspiel-Fans mit Freude am düsteren Bösewichtspielen.

Songs of Conquest

Songs of Conquest

https://www.songsofconquest.com/

Windows, macOS Early Access, 29,99 Euro

Nostalgie ist eine höllische Droge, hier aber stimmt auch ohne rosarote Retrobrille alles: Songs of Conquest, derzeit noch im Early Access und hier schon von Kollege Pichler gewürdigt, nimmt das altehrwürdige Spielprinzip von Heroes of Might & Magic und strickt rundum ein frisches Fantasy-Strategiespiel, das sich nicht mit Wiederaufwärmen begnügt. Vor allem das originelle Magiesystem geht über das der Vorbilder hinaus und macht Genre-Althasen wie Einsteigerinnen und Einsteigern Spaß.

Man lasse sich übrigens nicht vom Early Access abschrecken: Songs of Conquest hat bereits jetzt einen Level von Polish erreicht, der manchen großen Titeln niemals erreicht wird. Zugänglich, im hinreißenden Pixelstil gehalten und außerdem absolut perfekt auf Deutsch lokalisiert, ist Songs of Conquest ein Indie-Highlight der Stunde.

Mi-Clos Studio

Out There: Oceans of Time

http://oceansoftime.outtheregame.com/

Windows, 19,99 Euro

Vor acht Jahren erfreute die minimalistische Weltraumodyssee Out There Science-Fiction-Fans, der Nachfolger ist weitaus ambitionierter geraten. Mit kleiner Crew bricht man hier nach 100 Jahren Cryoschlaf in ein vom Bösen überranntes Universum auf. Wie im Vorgänger gilt es auch hier, die Balance zwischen Erforschung und schlauem Ressourcenmanagement zu finden, denn jeder Weg zu einem Planeten verbraucht Treibstoff, Sauerstoff und andere Ressourcen, die man zuerst einmal wieder reinholen muss, bevor es ans Weiterreisen durch die prozedural generierte Welt geht.

Wie im Vorgänger wird auch diese Weltraumodyssee immer wieder von schön geschriebenen Zufallsbegegnungen unterbrochen, neu sind die Expeditionen auf diverse Planeten, bei denen auch die Fähigkeiten der einzelnen Crewmitglieder eine Rolle spielen. Wer einen weniger hektischen, würdigen Nachfolger im Geiste von FTL gesucht hat, wird mit Out There: Oceans of Time seine Freude haben; dank Zufallsgenerierung und einem gewaltigen Fundus an Begegnungen und Ereignissen ist es ein wahrer Geschichtengenerator mit viel SF-Flair.

DreadXP

Dread X Collection 5

https://www.dreadxp.com/dread-x/dreadxcollection5/

Windows, 8,19 Euro

Zum bereits fünften Mal liefert das US-Horror-Liebhaberkollektiv Dread XP eine Anthologie kleiner, räudig-roher Horrorgames-Miniaturen, die zwar kaum Polish, aber dafür jede Menge Herz zu bieten haben. In den vorigen Ausgaben waren unter anderem schon Indie-Helden wie David Szymanski (DUSK) und Daniel Mullins (Inscryption) geladen, um unheimliche, kurze Games zum Anthologieformat beizusteuern.

Das Prinzip ist gleich, das Setting neu: Dread X, das heißt zwölf kurze, schnell entwickelte Horrorgames zu einem Thema, diesmal "Entertainment Horror", alle gerahmt von einem Spiel, das als Hub dient – alternativ können die kleinen, bösen Games aber auch direkt vom Menü aus gestartet werden. Kleiner Preis, ambitioniertes Konzept – und Spiele, die trotz ihrer Rohheit mit gruseligen Momenten und viel Herz punkten können.

DevolverDigital

Trek to Yomi

https://www.trektoyomi.com/

PS4/5, Xbox, Windows, 19,99 Euro

Dieses Spiel sieht aus wie ein Samurai-Film von Akira Kurosawa: Trek to Yomi, veröffentlicht von den Indie-Star-Publishern Devolver Digital, nimmt sich die Schwarzweißklassiker des japanischen Kinos der 50er- und 60er-Jahre als Vorbild und liefert atemberaubende Bilder in einer tollen Atmosphäre, samt tragischer Story, umwerfendem Sound und authentischen japanischen Sprechern.

Spielerisch wird hier in Form eines Side-Scrollers mit einfachem, taktischen Schwertkampf sowie gelegentlichen simplen Rätseln nicht rasend viel geboten, doch die Präsentation und die tollen Bilder lassen diesen Mangel leicht verschmerzen. Die fünf Stunden, die man in diesem Abstieg in die japanische Unterwelt beschäftigt ist, wird man glänzend unterhalten. Ein fast perfektes Gamepass-Spiel für ein oder zwei Abende mit dem Katana.

straka.studio

Loot River

https://lootriver.com/

Xbox, Windows, 24,99 Euro

Der slowakische, in Wien lebende Game-Designer Miro Straka hat sich in seinem Genre-Mischling ein paar schräge Zutaten ausgesucht: Das taktische Kampfsystem mit Ausdauerleiste, schweren und leichten Attacken sowie Paraden ist von Dark Souls & Co inspiriert, die allgemeine Struktur ist die eines Rogue-likes. Und dann kommt auch noch Tetris dazu. Klingt seltsam, funktioniert aber sehr gut: In Loot River steuert man seinen Charakter, aber auch die schwimmenden Plattformen, auf denen sich die Fantasy-Story in einem endlosen Fluss abspielt.

Der Gimmick mit den navigierbaren Flößen erlaubt unterschiedliche Taktiken im Kampf gegen diverse Monster, in seinem Herzen ist Loot River aber ein knochenhartes Actionrollenspiel mit hübscher Pixeloptik und genremäßig freischaltbaren Skills und Upgrades. Nur die Schrift könnte etwas größer sein.

Nintendo

Citizen Sleeper

https://www.fellowtraveller.games/citizen-sleeper

Nintendo Switch, Windows, Xbox 19,99 Euro

Originelle Science-Fiction bietet dieses Hybrid aus Adventure, Rollenspiel und Ressourcenmanagement. Als flüchtiger Cyborg mit menschlichem Bewusstsein wird uns eine lädierte Raumstation zur neuen Heimat; um zu überleben, gilt es nicht nur, täglich Essen und Medizin zu besorgen, sondern auch die Menschen dieser Cyberpunk-Dystopie für uns zu gewinnen.

Was Citizen Sleeper so besonders macht, sind seine hervorragend erzählten Geschichten, die sich mühelos zu einem abwechslungsreichen, hintergründigen Ganzen verweben – wobei sich dank rollenspieltypischer Spezialisierung und Würfelglück in mehreren Runs ganz verschiedene Enden auftun. Hübsche Optik, gelungene Soundkulisse sowie originelles Setting machen das zweite Spiel von Gareth Damien Martin (In Other Waters) zum Indie-Frühlings-Highlight – deshalb findet es nach Nennung bei den aktuellen Switch-Indies hier nochmals Erwähnung.

Total Mayhem Games

We Were Here Forever

https://totalmayhemgames.com/

Windows, 17,99 Euro, Konsolen in Vorbereitung

Dass Koop-Spiele nicht viel weiter verbreitet sind, ist angesichts des kritischen und auch kommerziellen Erfolgs von It takes Two letztes Jahr eigentlich überraschend. We Were Here Forever lässt sich zwar im Gegensatz zu diesem nicht am selben Monitor spielen, aber auch das insgesamt schon vierte Spiel der Reihe ist für zwei online zusammenspielende Freunde ein richtiger Koop-Knüller. Per Walkie-Talkie und viel Kommunikation lassen sich die immer komplexer werdenden Maschinen und Puzzles eben nur gemeinsam lösen.

Die Flucht aus dem Fantasy-Schloss voller geheimnisvoller Mechanismen ist dabei ziemlich abwechslungsreich und nicht trivial, dafür freut man sich aber umso mehr, wenn einem gemeinsam das Lösen eines besonders happigen Rätsels gelungen ist. We Were Here Forever ist ein toller Anlass, einen gemeinsamen Abend mit einem Freund oder einer Freundin zu verbringen.

Thunderful Games

Source of Madness

https://sourceofmadness.com/

Windows, 19,99 Euro

Prozedural generierte Levels in Rogue-likes gibt es jede Menge, prozedural generierte Monster nur in Source of Madness. Das mit seinem einzigartigen Stil nach kurzer Eingewöhnung unheimlich stylische dänische Spiel hat damit auch tatsächlich Monster zu bieten, die perfekt zum Thema Lovecraft passen: Riesige, monströse Fleischberge mit fuchtelnden Tentakeln, exakt so grotesk, dass man sie sich perfekt als Wahnsinn hervorrufende Wesen dieses Horrorkosmos vorstellen kann.

Der Rest des Spiels bleibt auf bewährten Pfaden: Wie in Dead Cells & Co gilt es zu kämpfen und sich in jedem Run mit gefundenen und gekauften Waffen auszurüsten. Nach dem Tod bleiben Ressourcen erhalten, die das weitere Vorankommen einfacher machen. Allein wegen seiner originellen Optik für Genrefreunde einen Besuch wert.

GameTrailers

Salt & Sacrifice

https://ska-studios.com/games/salt-and-sacrifice/

Windows, PS4/PS5, 19,99 Euro

Der Vorgänger, Salt & Sanctuary, aus dem Jahr 2016 gilt als eines der ersten gelungenen 2D-Souls-likes, jetzt ist ein Nachfolger erschienen, der vieles gleich gut, aber auch einiges anders macht. Wieder ist man aus der klassischen Seitenansicht in einer cartoonigen, aber trotzdem finsteren Dark-Fantasy-Welt unterwegs, wieder ist das Kampfsystem das Herzstück eines Spiels, das sich aber ansonsten auch abseits der From-Software-Formel inspirieren hat lassen – irgendwie erinnert die Jagd auf Ungeheuer und Magier diesmal nämlich auch an Monster Hunter World.

Salt & Sacrifice ist als Actionspiel herausfordernd, aber dank verschiedener Waffen und Zauber auch taktisch abwechslungsreich. Die riesige Welt, in der man sich ohne Karte auch hin und wieder gehörig verfransen kann, sowie der recht knackige Schwierigkeitsgrad machen es trotz seines Äußeren aber auf jeden Fall eher zum Soulsvania für Fortgeschrittene. (Rainer Sigl, 29.5.2022)