Nun hat es Karl Nehammer wieder einmal mit Putin versucht. Ein Telefonat mit Putin am Freitagnachmittag sollte Zugeständnisse bei einem Gefangenenaustausch und bei "grünen Korridoren" zur Verschiffung von Agrargütern aus der Ukraine erreichen.

Da hat Nehammer "Signale" bei Putin festgestellt, aber er schob gleich eine skeptische Einschätzung nach. Putin sei nach wie vor in seiner "Kriegslogik". Es komme darauf an, ob Zusagen tatsächlich eingehalten würden. Die dramatischen Folgen gingen weit über den Krieg hinaus, sagte Nehammer, aber genau das scheint Putin zu planen: Druck auf den Westen durch Erzeugung einer Welthungersnot.

Nach seinem Telefonat mit Putin gab Nehammer ein Pressestatement.
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Okay, was war das? Es geht um eine Grundsatzentscheidung. Kaja Kallas, die Premierministerin von Estland, hält es für sinnlos, mit dem "Kriegsverbrecher Putin" zu sprechen, sagte sie im Spiegel.

Der 99-jährige Henry Kissinger meint hingegen, man dürfe Putin nicht in die Enge drängen.

Nehammer spricht von "aktiver Neutralitätspolitik". Österreich sei solidarisch in der EU, halte sich an die Werte des Westens, stehe an der Seite der Ukraine, durchbreche aber die Nato-Einkreisungs-Furcht der Russen. Komplizierter Gedanke, von sehr viel Hoffnung getragen. Nehammer war wahrscheinlich nicht erfolgreich, das lässt sich aus seinem Statement heraushören. Aber wenn man der Man-muss-es-versuchen-Theorie anhängt, war es kein Fiasko. (Hans Rauscher, 27.5.2022)