Der Prozess wurde von Fans beider Hollywoodstars lautstark begleitet.

Foto: Reuters / Evelyn Hockstein

Fairfax – Der Verleumdungsprozess zwischen Hollywoodstar Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard ist mit den Schlussplädoyers der Anwälte beider Seiten in seine finale Phase eingetreten. Depps Anwältin Camille Vasquez erneuerte dabei am Freitag vor dem Gericht in Fairfax den Vorwurf, Heard habe dem Schauspieler schwer geschadet. "Sie hat sein Leben ruiniert, indem sie der Welt fälschlicherweise gesagt hat, Opfer häuslicher Gewalt durch Herrn Depp geworden zu sein", sagte Vasquez.

Die Geschworenen könnten dem 58-jährigen "Fluch der Karibik"-Star "sein Leben zurückgeben", indem sie klarstellten, dass Depp nicht die ihm zur Last gelegten Taten begangen habe und indem sie "Frau Heard für ihre Lügen zur Rechenschaft ziehen". Die im Prozess vorgelegten Beweise hätten gezeigt, dass Heard und nicht Depp in der Beziehung gewalttätig gewesen sei, sagte die Anwältin.

"Es geht um den guten Namen eines Mannes"

Heard habe vor Gericht genau das erzählt, was die Jury ihrer Meinung nach hören musste, um Depp als "Missbrauchstäter und Vergewaltiger" zu verurteilen, sagte Depps Verteidigerin Camille Vasquez. "Sie will, dass Sie glauben, dass sie während ihrer Beziehung unzählige Male missbraucht wurde."

Dafür gebe es aber keine Beweise, sagte Vasquez weiter. "Es geht hier um den guten Namen eines Mannes. Und mehr noch, es geht um das Leben dieses Mannes, das Leben, das er verloren hat, als er eines furchtbaren Verbrechens angeschuldigt wurde."

Textnachrichten sollen Depp Lügen Strafen

Heards Anwalt Benjamin Rottenborn erinnerte die Geschworenen in seinem Schlussstatement an explizite Textnachrichten, die er Freunden und Kollegen geschickt hatte. Darin hatte er Heard unter anderem eine "dreckige Schlampe" genannt. Die Mitteilungen würden "ein Fenster in das Herz und den Geist von Amerikas Lieblingspiraten geben", sagte Rottenborn.

Es gebe "überwältigende Beweise für Missbrauch". Depp könne "einfach nicht beweisen, dass er Amber nicht mindestens einmal missbraucht hat." Ein Urteil gegen Heard sei zudem eine niederschmetternde Botschaft für Missbrauchsopfer auf der ganzen Welt, sagte Rottenborn – "dass, egal was man als Missbrauchsopfer macht, man immer noch mehr machen muss".

"Er hat jedem auf der Welt die Schuld zugeschoben"

"Er hat jedem auf der Welt die Schuld zugeschoben: Seinem Agenten, seinem Manager, seinem Anwalt, Amber, seinen Freunden", sagte Heards Verteidigerin Elaine Bredehoft bei dem wie stets live übertragenen Prozess über Depp. "Noch nie hat er für irgendetwas in seinem Leben Verantwortung übernommen. Aber wir fordern Sie dazu auf, ihn dazu zu zwingen, Verantwortung zu übernehmen."

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Der von großem Medieninteresse begleitete Prozess hatte am 11. April begonnen. Es wird erwartet, dass die sieben Geschworenen ihre Beratungen im Laufe des Freitags (Ortszeit) aufnehmen. Damit werden sie am Dienstag fortfahren. Das Urteil dürfte frühestens in der kommenden Woche fallen.

Depp fordert 50 Millionen Dollar, Heard 100 Millionen

Heard hatte Depp, mit dem sie zwischen 2015 und 2017 verheiratet war, 2016 der häuslichen Gewalt bezichtigt und vor Gericht ein Kontaktverbot gegen ihren damaligen Ehemann beantragt. 2018 bezeichnete die Schauspielerin sich dann in einem Beitrag für die "Washington Post" als Opfer häuslicher Gewalt.

Sie nannte ihren Ex-Mann dabei zwar nicht namentlich. Depps Anwälte argumentieren aber, der Zeitungsbeitrag sei eine klare Anspielung auf den Vorfall im Jahr 2016 gewesen und bezichtige den Schauspieler deswegen erneut der Gewalt.

Depp, der die Vorwürfe entschieden zurückweist, hat Heard deswegen auf 50 Millionen Dollar (rund 47 Millionen Euro) Schadenersatz verklagt. Die unter anderem aus dem Superheldenfilm "Aquaman" bekannte Schauspielerin reagierte mit einer Gegenklage und verlangt 100 Millionen Dollar. Die 36-Jährige wirft Depp nicht nur vor, immer wieder gewalttätig geworden zu sein. Sie argumentiert auch, selbst Opfer von Verleumdung durch Depp und sein Umfeld geworden zu sein, was ihrer Filmkarriere massiv geschadet habe.

Erster Prozess 2020 in London

Depp und Heard hatten sich bereits 2020 bei einem Prozess in London gegenübergestanden. Depp hatte damals die britische Boulevardzeitung "The Sun" verklagt, die ihn als "Ehefrauen-Schläger" bezeichnet hatte. In dem Prozess sagte Heard als Zeugin aus und beschuldigte Depp, sie unter dem Einfluss von Alkohol und anderen Drogen immer wieder angegriffen zu haben. Der Schauspieler wies die Vorwürfe entschieden zurück und warf seiner Ex-Frau vor, der "aggressive Teil" in ihrer konfliktreichen Beziehung gewesen zu sein. In dem Prozess gegen die "Sun" unterlag er aber schließlich. (Reuters, APA, red, 27.5.2022)