Ernst Nevrivy stellte die Frage, "ob wir hinter unserem Bürgermeister stehen, der wochen- und monatelang von den Grünen und den ganzen anderen Heisln da draußen beleidigt und beschuldigt wird".

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Wie ein verschmitzter Schulbub kicherte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig in der ersten Reihe des SPÖ-Landesparteitags, als Ernst Nevrivy auf die Bühne zog, um die Stadtstraße zu verteidigen. Der rote Bezirksvorsteher der Donaustadt erzählte aber nicht irgendeinen schmutzigen Witz, sondern warf sich mit jenen ins Gefecht, die gegen das umstrittene Straßenbauprojekt und den von der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler abgesagten Lobautunnel mobilisieren.

Die SPÖ müsse auf ihrem Parteitag zeigen, erklärte Nevriviy, "ob wir hinter unserem Bürgermeister stehen, der wochen- und monatelang von den Grünen und den ganzen anderen Heisln da draußen beleidigt und beschuldigt wird". Tosender Applaus und ein freudiger Stadtchef waren ihm sicher.

Im Wienerischen ist es zwar oft eine Frage des Kontexts, was genau ein Wort ausdrücken will. Im Fall des Nevrivy'schen Heisls ist es jedoch recht eindeutig. Denn auch wenn es um Stadtplanung geht, ist es wohl nicht das Haus an sich, das sich dem Stadtchef in den Weg stellt. Die Toilette noch weniger, zu klein ist sie. Also ist es wohl doch der – schön gesprochen – ungeliebte Mensch; ein Fetzenschädel, könnte man auch sagen.

Rote Heisln

Wer diese anderen "Heisln" sind, das ließ der Bezirkschef aber offen. Im höchsten Gremium der Wiener SPÖ fühlten sich aber so manche auf den Schlips getreten. Da war es eigentlich nur passend, dass der nächste Redner, Axel Magnus, die Bühne in einem T-Shirt betrat, auf dem "Rotes Gsindl" stand – als Anspielung auf die ÖVP-Chats von Johanna Mikl-Leitner. Er "schäme" sich, dass auf einem roten Parteitag solche "beleidigenden Äußerungen" getätigt würden, sagte der Delegierte.

"Nennen wir die Wahlbevölkerung vielleicht nicht Heisln", kritisierte auch Nino Portschy von der Jungen Generation in der Wiener Messe. Auf Twitter legte er nach: Wenn ein Bezirksvorsteher die Wählerinnen und Parteimitglieder so beschimpfe, sei es zu viel. "Das ist so jenseits von Gut und Böse."

Die Grünen

Und die Grünen? Die ließen die Diskussion und auch den Hashtag #heisln in den sozialen Medien hochkochen. Unkommentiert postete die Chefin der Wiener Grünen, Judith Pühringer, ein Video von Nevrivys Aussage. "Ein SPÖ-Bezirksvorsteher beschimpft Klimaschützer:innen, junge Aktivist:innen, NGOs – dem Bürgermeister der Stadt Wien scheint's zu gefallen", kritisierte die grüne Nationalratsabgeordnete Meri Disoski.

Während die Wiener Grünen sich auf ihrem offiziellen Account zurückhielten, reagierten jene aus der Inneren Stadt: "Manche lassen am Heisl einfach grundsätzlich nur an Schas." (Oona Kroisleitner, 29.6.2022)