Einen Rücktritt schließt der Seniorenbund-Obmann aus: "Es macht mich einfach nur fuchsteufelswild."

FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Wien/Linz – Es ist derzeit ungemütlich in den Reihen der schwarzen Seniorenbünde im Land. Für entsprechende Aufregung sorgen Corona-Hilfen in Millionenhöhe aus dem "Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds", die in fünf Bundesländern – Oberösterreich, Wien, Tirol, Vorarlberg, Kärnten – an mit dem Seniorenbund assoziierte Vereine flossen. Allein in Oberösterreich kassierte der ÖVP-Seniorenbund fast zwei Millionen Euro. Fördergelder, die eigentlich für gemeinnützige Organisationen gedacht sind – und nicht an parteinahe Organisationen gehen dürfen. Während die Opposition schäumt – die Neos haben bereits eine Anzeige gegen den Seniorenbund in Tirol und Oberösterreich eingebracht –, hält die Parteispitze an einer "Vereinsstrategie" fest. Argumentiert wird etwa in Oberösterreich mit einer formalen Doppelexistenz des Seniorenbundes als ÖVP-Teilorganisation und als Verein. Die Gelder soll demnach der Verein kassiert haben. Was aber rechtlich durchaus umstritten ist.

Dennoch: Die Millionen, die in die Vereine flossen, sind laut ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner "nicht für Parteiarbeit" verwendet worden. Die Vereine würden parallel zu den Bündestrukturen existieren, erklärte Sachslehner.

Getrennte Buchhaltung

Die Vereine seien "klar abgetrennt" und hätten eine getrennte Buchhaltung und "unterschiedliche Tätigkeiten". Teils gebe es zwar "personelle Überschneidungen", räumte die Generalsekretärin ein. Aber die eigenständigen Vereine hätten nichts mit der Volkspartei zu tun. Die Gelder seien in "keiner Art und Weise" für Parteiarbeit verwendet worden. Ihren Informationen zufolge seien sie lediglich für die Vereinstätigkeit eingesetzt worden. Was spannend ist, da gerade die Vereinstätigkeiten in den Corona-Jahren gleich null waren.

Der Obmann des Oberösterreichischen Seniorenbundes, Josef Pühringer, merkte zunächst an, dass die Gelder auch in Gehälter geflossen seien. Dem widersprach dann jedoch dessen Landesgeschäftsführer Franz Ebner: "Es sind keine Personalkosten damit bedeckt worden." DER STANDARD erreichte Josef Pühringer während eines Pilgermarsches mit Senioren auf dem Josefweg von Altmünster am Traunsee nach Weyregg am Attersee – und bat um Aufklärung.

STANDARD: "Gestalten wir gemeinsam Zukunft", lautet eines der Mottos des OÖ Seniorenbundes. Mit Blick auf die Führungsebene scheint man aber aktuell von einem gemeinsamen Weg abgekommen zu sein – in der Causa rund um die Corona-Hilfsgelder hat Ihnen der Landesgeschäftsführer öffentlich scharf widersprochen ...

Pühringer: Sie müssen sich keine Sorgen machen. Wir stehen geschlossen. Etwas anders zu behaupten ist ein völliger Blödsinn.

STANDARD: Grund für die interne Gegendarstellung war, dass Sie gesagt haben, mit dem Geld für die Landesleitung – was ein Viertel der Fördergelder ausmacht – seien "fast ausschließlich" Gehälter gezahlt worden. Bleiben Sie dabei?

Pühringer: Nein. Da habe ich mich geirrt. Und ich gratuliere Ihnen von Herzen, wenn Sie sich im Leben noch nie geirrt haben. Ich bin in die geschäftliche Ebene nicht eingebunden. Ich arbeite 40 Stunden pro Woche ehrenamtlich, so wie 11.000 andere Funktionäre auch.

STANDARD: Wohin sind die fast zwei Millionen Euro an Förderung dann geflossen?

Pühringer: Es wurde kein Geld falsch verwendet. Da ging, bis auf eine Ausnahme im Fall einer Mitarbeiterin mit Behinderung, kein Cent in die Personalkosten. Wir haben im Vorfeld alles ganz genau prüfen lassen. Dem Verein sind die Einnahmen durch Corona gewaltig weggebrochen. Jede Ortsgruppe musste dann selbstständig Förderanträge einbringen. Und auf jedem dieser Anträge ist der Stempel des Wirtschaftsprüfers drauf. Und glauben Sie, den gibt der nicht so einfach her. Da wird sicher nichts ausgezahlt, was nicht geprüft und mit einem entsprechenden Gutachten belegt ist.

STANDARD: Aber verkauft man mit der Strategie einer Doppelexistenz nicht letztlich alle für blöd? De facto gibt es doch keinen Unterschied zwischen Parteiorganisation und Verein, oder?

Pühringer: Niemand wird für blöd verkauft. Es ist nicht die Aufgabe einer Parteiorganisation, Konzerte zu veranstalten, Sportveranstaltungen zu organisieren, Bildungsprogramme anzubieten, Ausflüge anzubieten. Das macht alles der Verein. Das hat mit der Partei nichts zu tun, 98 Prozent des Oberösterreichischen Seniorenbundes sind Vereinsarbeit. Nur die politische Interessenvertretung betrifft die Partei.

STANDARD: Kann dann nicht jede Partei einen Vereinszwilling gründen und Gelder kassieren?

Pühringer: Die ÖVP hat in Oberösterreich nicht einfach einen Parteizwilling gegründet. In Österreich kann jeder einen Verein gründen, wenn er sich an das Vereinsrecht hält. Und die Vereinsbehörde prüft das genau. Und wir sind eben nicht nur Teilorganisation der ÖVP.

STANDARD: Der kleine Unternehmer wartet sehnlichst auf die Covid-Hilfe, die Partei greift indirekt mit beiden Händen in den Fördertopf. Ist da nicht jegliches politische und moralische Gespür verlorengegangen?

Pühringer: Ich lasse mir das von niemandem vorwerfen. Vor allem nicht von jenen Parteien wie den Neos, die nicht einmal eine Seniorenorganisation haben. Die haben nicht 11.000 ehrenamtliche Funktionäre wie der Seniorenbund, die sich täglich für Senioren einsetzen. Die 428 Ortsgruppen haben vor der Pandemie im Jahr 2019 rund 3.500 Ein- oder Mehrtagesausflüge gemacht. Das steht in keiner Relation zu den vielleicht 10.000 Euro, die eine Ortsgruppe erhalten hat.

STANDARD: Haben Sie angesichts der Diskussionen auch an einen Rücktritt gedacht?

Pühringer: Nein. Es macht mich einfach nur fuchsteufelswild. (Markus Rohrhofer, 29.5.2022)