Es wird eine Woche der Entscheidungen für die Wiener Immobilienkonzerne Immofinanz und S Immo. Bei beiden im Leitindex ATX der Wiener Börse gelisteten Gesellschaften hat ein neuer Großinvestor mehr als einen Fuß in der Tür: die CPI Property des tschechischen Milliardärs Radovan Vítek. Zunächst endet am Montag die Nachfrist für das Übernahmeangebot an die anderen Immofinanz-Aktionäre, mit dem sich CPI bisher gut 54 Prozent der Anteile sichern konnte. Davon wird auch abhängen, wie es mit der Immobiliengesellschaft weitergeht – etwa ob sie auch künftig an der Wiener Börse gelistet bleibt.

Am Mittwoch liegt dann der Ball bei den Eigentümern der S Immo. In einer Hauptversammlung sollen sie ermöglichen, woran zuvor viele andere gescheitert sind: die Abschaffung des 15-prozentigen Höchststimmrechts, das in der Satzung verankert ist. Sprich, obwohl CPI bereits mehr als 42 Prozent an S Immo hält, ist ihr Einfluss in der Hauptversammlung auf diese Schwelle begrenzt. Der Vorstand des Wiener Immokonzerns unterstützt nun den Antrag auf Abschaffung. Im Gegenzug wird CPI einen höheren Preis, nämlich 23,50 Euro je Aktie, für den Ankauf weiterer Anteile bezahlen. Denn fällt das Höchststimmrecht, muss CPI den anderen S-Immo-Aktionären ein Pflichtangebot stellen.

Langfristige Investments

Wie geht es dann bei beiden ATX-Konzernen weiter? "Wir sind keine Spekulanten, es handelt sich um langfristige Investments", sagt CPI-Chef Martin Nemecek. Man sei an den Immobilienportfolios interessiert. Auch wenn bei S Immo das Höchststimmrecht bleiben sollte, wird CPI Nemecek zufolge an Bord bleiben. Es gebe eine gute Gesprächsbasis mit dem Management, man könne auch so die Strategie der Gesellschaft mitbestimmen.

Der 51-jährige Radovan Vítek wurde mit Immobilien zum Milliardär. Nun wälzt der Tscheche in Österreich Pläne.
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Aber wer ist eigentlich Radovan Vítek, der Mann hinter der CPI Property Group, die sich nun an einem zweiten ATX-Konzern die Kontrolle sichern will? Die Basis seines Reichtums schuf sich der 1971 geborene Tscheche in der Nachwendezeit: Als Anfang der 1990er-Jahre, nach dem Sturz des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei, das Staatseigentum unters Volk gebracht wurde, gründete er mit Partnern eine Investmentfirma und stieg damit im großen Stil in die Couponprivatisierung ein.

Diese war ein Resultat jener rasanten politischen Veränderungen, die enorme Kapitalkonzentrationen möglich machten. Jede Bürgerin und jeder Bürger konnte gegen eine geringe Abgabe Couponhefte erwerben und sich damit am Aufbau von Privateigentum und Marktwirtschaft beteiligen. Wer nicht selbst investieren wollte, konnte seine Coupons aber auch einem Fonds übertragen. Einige davon – darunter auch jener um Radovan Vítek – akkumulierten in kurzer Zeit große Anteile an ehemaligen Staatsunternehmen und wurden so zu mächtigen Playern.

Vítek konzentrierte sich auf Immobilien. Selbst beim Tauziehen um die traditionsreiche Verbrauchergenossenschaft Včela – zu Deutsch Biene – stand Víteks Appetit auf deren Liegenschaften im Vordergrund: Der Investor soll – quasi von der Straße weg – 3000 neue Gesellschafter angeheuert haben, die die alten Aktionäre überstimmten und ihm halfen, die Genossenschaft unter seine Kontrolle zu bringen. Der Immobilienbestand der Včela wurde zur Basis von Víteks Imperium CPI (Czech Property Investments).

Wie geht es nun mit den Wiener Immobiliengesellschaften weiter? In die Karten schauen, lässt man sich noch nicht.
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Auch später bewies Vítek Gespür für gutes Timing. Als sich etwa während der Weltfinanzkrise ab 2008 zahlreiche internationale Investoren aus Tschechien zurückzogen und heimische Eigentümer ihre Immobilien abstoßen mussten, ging Vítek den umgekehrten Weg: Er nutzte die Gunst der Stunde – und die fallenden Preise – und stockte sein Portfolio massiv auf. Heute gehören dem zum zweiten Mal verheirateten Vater von vier Kindern Business- und Wohnimmobilien in mehreren Ländern, darunter ein großes Anwesen in England, das er 2015 vom ehemaligen Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr gekauft hat.

Reich und umstritten

Víteks Geschichte als Krisengewinnler und als Beteiligter an etlichen Gerichtsverfahren hat ihm den Ruf des "umstrittenen Unternehmers" eingebracht. In Tschechien zählt er auch zu den drei reichsten: Die Zeitschrift Forbes beziffert sein Vermögen derzeit mit umgerechnet mehr als 5,3 Milliarden Euro. Das meiste davon stammt aus seiner 89-prozentigen Beteiligung an CPI, die ihren Sitz heute in Luxemburg hat und an der Frankfurter Börse notiert ist. Laut eigenem Bekunden ist sie Mitteleuropas größter Investor in Gewerbeimmobilien.

Kommt es unter dessen Mitwirken nun zu einer Fusion zwischen Immofinanz und S Immo, nachdem unter anderen Eigentümern zuvor mehrere Anläufe gescheitert waren? CPI-Chef Nemecek gibt sich zugeknöpft: Es sei eine Option, eine Entscheidung darüber aber noch offen. Wohl aber könnten aber die Ereignisse dieser Woche bereits zeigen, in welche Richtung die Entwicklung geht. (Alexander Hahn, Gerald Schubert, 30.5.2022)