Die SPÖ kann Krise. Traf das auf Bundesebene zuletzt vor allem wegen lähmender interner Streitereien zu, gilt es in Wien aus einem anderen Grund. Michael Ludwig, Bürgermeister und Chef der mächtigen Landesorganisation, hat die Krise zu seinem Signature-Thema auserkoren. Sei es Corona, Krieg oder Teuerung: Ludwig fühlt sich wohl in der Rolle des unerschütterlichen Machers, der die Stadt sicher durch jede Bedrohung führt. Womöglich etwas zu wohl.

Fühlt sich wohl in der Rolle des unerschütterlichen Machers: Michael Ludwig.
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Gestaltungswillen, der über die Krisen hinausgeht, ließ Ludwig auf dem Parteitag am Wochenende nämlich kaum erkennen. Anstatt Innovationen zu präsentieren, beschränkt er sich lieber auf Reaktion – und darauf, die Errungenschaften des roten Wien zu verwalten. Das funktioniert bislang gut, ist aber riskant: Wofür steht Ludwig, wenn ihm die Krisen abhandenkommen? Vorstöße wie sein umstrittenes Alkoholverbot am Praterstern sind zu lange her, um diese Frage beantworten zu können.

Ein ähnliches Problem hat Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner. Sie übte sich am Wochenende einmal mehr in ihrer Lieblingsdisziplin: dem Zerpflücken der Bundesregierung. Eigene Visionen suchte man auch bei ihr vergeblich.

Wie es anders gehen kann, machte unlängst Hans Peter Doskozil vor. Vom SPÖ-Parteitag im Burgenland blieben kostenlose Nachhilfe, Skier und Instrumente hängen. Mit etwas weniger Populismus ein durchaus nachahmenswerter Zugang. (Stefanie Rachbauer, 29.5.2022)