Ob man morgens oder abends trainiert, hat durchaus Auswirkungen auf das Ergebnis. Das Wichtigste ist aber immer noch, dass man es überhaupt tut.

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Wer sich und der eigenen Gesundheit Gutes tun will, macht regelmäßig Sport – so weit, so klar. Doch wann sollte man am besten trainieren? Was ist das ideale Workout? Und was kann man konkret damit erreichen? Fragen über Fragen, auf die die Antworten nicht so ganz klar sind. Die wären aber wichtig – denn auch wenn man gerne trainiert (was manche wirklich tun, andere reden es sich auf jeden Fall ein), will man den Output ideal gestalten.

Wann man den Sport in seinen Tagesablauf einplant, ist bei den meisten von Arbeitszeiten und familiärem Zeitplan bestimmt. Und auch die Tatsache, ob man eher ein Morgenmensch ist oder am Abend zur Höchstform aufläuft, trägt zur individuellen Planung bei. Der beste Output der sportlichen Übung ist oft nebensächlich, Hauptsache, man tut etwas. Doch man kann ihn zumindest etwas gezielter steuern, wie Forschende herausgefunden haben.

Eine randomisierte, kontrollierte Studie, die soeben auf der Open-Science-Plattform Frontieres in Physiology erschienen ist, zeigt, dass tatsächlich die Tageszeit die Auswirkungen von körperlicher Betätigung beeinflusst. Ob Morgen- oder Abendsport angesagt ist, hängt von der Art der Bewegung ab und von den Trainingszielen. Und auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Das Trainingsergebnis ist bei Frauen und Männern nämlich unterschiedlich.

Tageszeit wichtig für Fettabbau und Ausdauer

Es hat durchaus eine Einfluss auf das Ergebnis, wann das Workout stattfindet. Die Exercise Time Of Day (ETOD), also die Tageszeit, wann man sportelt, beeinflusst Fettreduktion, Blutdruck und Muskelaufbau unterschiedlich.

Studienleiter Paul J. Arciero, Professor an der Abteilung für Gesundheits- und Humanphysiologie des Skidmore College in Saratoga Springs, USA, erklärt: "Wir konnten erstmals zeigen, dass morgendliche Bewegung bei Frauen Bauchfett reduziert und den Blutdruck senkt. Abendliches Training fördert dagegen Muskelkraft und Ausdauer. Es hebt außerdem die allgemeine Stimmung und verbessert das Sättigungsgefühl."

Bei Männern ist einiges umgekehrt, wie Arciero betont: "Männer sollten eher abends trainieren, wenn eine bessere Gesundheit das Ziel ist. Das senkt eher den Blutdruck und damit das Risiko von Herzkrankheiten. Sie verbrennen zu späterer Stunde auch mehr Fett als in der Früh."

Konkretes Trainingsprogramm

An der Studie nahmen 30 Frauen und 26 Männer zwischen 25 und 55 Jahren teil. Alle waren gesund, hochaktiv, Nichtraucher und normalgewichtig. Für die untersuchten Auswirkungen trainierten sie zwölf Wochen lang unter Anleitung nach einem von Arciero und seinen Co-Forschenden speziell für die Studie entwickelten RISE-Programm. Je nach Wochentag waren jeweils 60 Minuten Resistancetraining – es stärkt die Muskelkraft, indem man gegen einen äußeren Widerstand arbeitet –, Sprint-Intervall-Training, Stretching oder Ausdauertraining angesagt. Mittwoch, Samstag und Sonntag waren Ruhetage.

Die Teilnehmenden folgten außerdem einem speziell entwickelten Ernährungsplan mit einer Proteinaufnahme zwischen 1,1 und 1,8 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Frauen und Männer wurden vor Studienbeginn unabhängig voneinander randomisiert und einem von zwei Regimen zugeteilt: ausschließliches Training am Morgen (60 Minuten zwischen 6.30 und 8.30 Uhr) oder am Abend (zwischen 18 und 20 Uhr). Diejenigen, die der Morgenübung zugeteilt wurden, frühstückten nach der Übung und aßen drei weitere Mahlzeiten in vierstündigen Abständen. Diejenigen, die dem Abendtraining zugewiesen waren, nahmen vor dem Training drei Mahlzeiten im Abstand von vier Stunden ein und eine weitere danach.

Zu Beginn und am Ende des Versuchs wurden aerobe Kraft, Muskelausdauer, Flexibilität, Gleichgewicht, Ober- und Unterkörperkraft sowie die Fähigkeit zu Springen aller Teilnehmenden untersucht. Nur 16 Prozent der 56 Teilnehmenden brachen die zwölfwöchige Studie ab, weil sie diesen Ernährungs- und Bewegungsplan nicht einhalten konnten.

Körperliche und mentale Auswirkungen gemessen

Was das Training alles veränderte, wurde umfassend gemessen. Parameter wie Blutdruck, Arteriensteifigkeit, Atemaustauschverhältnis, Körperfettverteilung, der individuelle Körperfettanteil und seine Veränderung im Laufe der Studie wurden analysiert. Ebenso untersucht wurden Veränderungen relevanter Blutbiomarker wie Insulin, Gesamtcholesterin, das "gute" HDL-Cholesterin, C-reaktives Protein und IL-6. Die Teilnehmenden füllten außerdem Fragebögen aus, um Stimmungsschwankungen und Sättigungsgefühle zu erfassen.

Aufgrund dieser Erhebungen konnten die Forschenden zeigen, dass sich bei allen Teilnehmenden im Laufe der Studie die allgemeine Gesundheit und Leistungsfähigkeit verbesserten, unabhängig davon, ob sie morgens oder abends Sport machten. Studienleiter Arciero betont: "Unsere Studie zeigt deutlich die Vorteile von morgendlichem und abendlichem multimodalem Training (RISE) zur Verbesserung der kardiometabolischen und stimmungsbezogenen Gesundheit sowie der körperlichen Leistungsfähigkeit bei Frauen und Männern."

Trainingszeitpunkt beeinflusst Ergebnis

Entscheidend ist aber, dass sie auch zeigte, dass ETOD, also der Trainingszeitpunkt, das Ausmaß der Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Körperzusammensetzung, der kardiometabolischen Gesundheit und der Stimmung sehr wohl beeinflusst. So konnten etwa alle weiblichen Teilnehmer ihr Gesamtkörperfett, Bauch- und Hüftfett und den Blutdruck während der Studie reduzieren. Aber die Verbesserungen waren bei jenen Frauen, die morgens trainierten, größer.

Bei Männern war klar ersichtlich, dass nur jene, die am Abend trainierten, eine Abnahme ihres Verhältnisses von Gesamt- zu HDL-Cholesterin sowie eine Verbesserung von Blutdruck, Atmungsaustauschverhältnis und Kohlenhydratoxidation erzielen konnten. Das liege daran, dass bei ihnen am Abend die Energie für das Training vorzugsweise aus dem Körperfett gezogen werde, so Arciero.

Arciero betont: "Basierend auf unseren Erkenntnissen sollten Frauen, die Bauchfett und Blutdruck reduzieren und gleichzeitig die Kraft der Beinmuskulatur steigern wollen, morgens trainieren. Frauen, die Kraft, Kraft-Ausdauer sowie den allgemeinen Stimmungszustand verbessern wollen, sollten eher Abends ein Workout einlegen." Umgekehrt sei ein Abend-Workout ideal für Männer, die ihre Herz- und Stoffwechselgesundheit und das emotionale Wohlbefinden verbessern wollen.

Und Studien-Zweitautor Stephen J. Ives, außerordentlicher Professor am Skidmore College, bestätigt: "Wir haben gezeigt, dass ETOD für alle, Frauen und Männer, eine wichtiger Parameter im Trainingsplan sein sollte angesichts der Tatsache, wie stark die Auswirkung auf das Ergebnis ist – auch wenn, ganz unabhängig vom Zeitpunkt, regelmäßige Bewegung enorm wichtig für die Gesundheit ist." (Pia Kruckenhauser, 31.5.2022)