Auch Glücksspiele haben sich in der Corona-Zeit ins Internet verlagert. Viele Anbieter sind allerdings illegal.

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"Geld zurück mit dem Anwalt", "Rückforderung von Verlusten" oder "Klage gegen Onlinecasinos": Auf Social Media werben Unternehmen derzeit eifrig damit, für Kundinnen und Kunden Spielverluste im Internet zurückzuholen. Aber funktioniert das wirklich?

Die kurze Antwort lautet: Ja, das funktioniert. Denn Verträge mit illegalen Casinos sind laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) ungültig. Zahlungen an die Anbieter – etwa Einsätze beim Roulette – können Spieler zurückverlangen. Wie so oft sind "recht haben" und "recht bekommen" aber zwei paar Schuhe. In der Praxis ist daher äußerste Vorsicht geboten.

Boomendes Geschäft

Die Corona-Krise hat dem Glücksspiel im Internet eine regelrechten Boom beschert. Bestehende Onlinecasinos freuten sich über steigende Umsätze; neue Anbieter drängten auf den Markt.

Von den zahlreichen Unternehmen, die im Netz mit ihren Angeboten locken, hat allerdings nur Win2day – das Onlineangebot der Casinos Austria – eine gültige österreichische Lizenz. Denn hierzulande gilt nach wie vor das sogenannte Glückspielmonopol: Das Recht, Spiele wie Roulette, Poker oder Blackjack anzubieten, liegt allein beim Staat.

Alle anderen Anbieter, die im Netz Casinos anbieten, dürfen das in Österreich eigentlich gar nicht. Die Konsequenz ist, dass sämtliche Verträge, die Kundinnen und Kunden mit ihnen abschließen, ungültig sind. Den ersten Fall dazu hat der OGH bereits vor mehr als einem Jahr entschieden und das Urteil seither in weiteren Verfahren bestätigt.

Eine Million Euro zurück

Da wäre etwa der Fall eines Mannes, der beim Onlinecasino Elektra Works (Bwin) insgesamt eine Million Euro verspielt hatte und das Geld daraufhin erfolgreich zurückverlangte. Laut dem OGH hatte das geklagte Unternehmen keine gültige Lizenz. Nur Win2day dürfe Onlineglücksspiele anbieten (OGH 22.6.2021, 1 Ob 229/20p).

Dem Gegenargument der Betreiber, dass das staatliche Glücksspielmonopol gegen EU-Recht verstoße, erteilten die Richterinnen eine Absage. Konkret stützten sich die Anbieter, die ihren Sitz häufig in Malta oder Zypern haben, auf die Dienstleistungsfreiheit. Demnach dürfen Dienstleistungen innerhalb der EU nicht eingeschränkt werden.

Im Fall von Onlinecasinos ist das aber anders – was die österreichischen Höchstgerichte in der Vergangenheit immer wieder bestätigt haben. Dabei bekamen sie auch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Rückendeckung. Das Monopol sei aufgrund des damit verbundenen Ziels – nämlich des Spielerschutzes – gerechtfertigt.

Vorsicht geboten

Kann man nun also freizügig spielen, weil man sein Geld sowieso wieder zurückbekommt?

"Nein, keinesfalls", sagt der Rechtsanwalt Sven Thorstensen, der bereits mehrere Verfahren zum Thema vor den Obersten Gerichtshof gebracht hat.

Trotz der mittlerweile eindeutigen, abgesicherten Rechtslage ist Vorsicht geboten – und das gleich aus mehreren Gründen: Denn auch wenn Spielerinnen und Spieler ihr Geld zurückverlangen dürfen, ist es oft schwierig, die Ansprüche tatsächlich durchzusetzen.

Dubiose Onlinecasinos haben ihren Sitz häufig nicht in der Europäischen Union, sondern in Übersee. Wer hierzulande klagt, wird zwar recht bekommen, aber Probleme dabei haben, das Geld zurückzubekommen. Auch bei Anbietern mit Sitz in der EU – etwa auf Malta – ist die Durchsetzung der Ansprüche oft mühsam.

Langer Atem

Das liegt zum einen daran, dass sich die Unternehmen häufig hinter Firmenkonstrukten verstecken. Zum anderen erkennen finanzstarke Unternehmen die Ansprüche nach wie vor nicht an und kämpfen regelmäßig bis zum Höchstgericht. Wer klagt, muss sich daher auf einen längeren Rechtsstreit einstellen.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Wird der Glücksspielanbieter in der Zwischenzeit insolvent, bleiben Spielerinnen und Spieler auf ihren Verlusten sitzen. Dasselbe gilt für Prozesskostenfinanzierer, die oft damit werben, dass ein Verfahren für Kundinnen und Kunden völlig risikolos wäre.

Auch wer im Urlaub oder auf Dienstreisen im Ausland gespielt hat, ist von der Rechtsprechung in vielen Fällen nicht geschützt. Zudem sind nur Onlineglücksspiele wie Roulette oder Blackjack erfasst, nicht jedoch Sportwetten.

Neue Chance

Die Rechtsprechung des OGH biete Menschen, die über die Jahre hohe Spielschulden angesammelt haben, die Chance für einen Neuanfang, sagt Rechtsanwalt Sven Thorstensen. Die Verfahren nehmen aber ab, weil sich viele Leute bewusst werden, dass die Durchsetzung der Ansprüche keinesfalls eine "gmahde Wiesn" ist.

Wer sein Geld zurückverlangen will, sollte sich daher professionell beraten lassen und sich über Anbieter, die im Internet werben, gut informieren. (Jakob Pflügl, 30.5.2022)